Offenburger Rudolf Zibold feierte seinen 90. Geburtstag
Der letzte Müller der Offenburger »Zibold’schen Kunstmühle«, Rudolf Zibold, wurde am Samstag 90 Jahre alt. Der runde Geburtstag wurde am Wochenende mit der Familie gefeiert.
Der Name Zibold ist aus der Geschichte von Offenburg nicht wegzudenken – der Familie gehörte ein architektonisches Juwel, das in den 1970er-Jahren letztlich dem stadtplanerischen Zeitgeist zum Opfer fiel. Der Vater des Jubilars, der wie sein Sohn den Vornamen Rudolf trug und seinerseits aus einer Müllerfamilie stammte, hatte die mächtige Getreidemühle, die entlang der Grabenallee den südlichen Rand des historischen Innenstadtbilds prägte, gekauft. Betrachtet man alte Fotos der »Zibold’schen Mühle«, kann man sich schier nicht vorstellen, wie groß das aus dem 17. Jahrhundert stammende Gebäude war, das auf einem heute recht schmal erscheinenden Streifen Land stand.
Das Gebäude verband in bester Tradition prächtig ausgestattete Wohnräume, etwa ein »Jagdzimmer«, mit dem Mühlenbetrieb. Energie für die großen Stromturbinen im Keller lieferte der Mühlbach, auf sieben oder acht Stockwerken wurde das Getreide vor dem Mahlen getrocknet.
Rudolf Zibold übernahm den Betrieb von seinem Vater und machte auf der Müllerschule in Braunschweig den Meister. 1956 heiratete er Freya Lasch, deren Familie einen Mühlenbetrieb in Willstätt besaß. Da ihre Väter als Kollegen und passionierte Jäger befreundet waren, kannten sich die Brautleute schon als Kinder. Sohn Michael und Tochter Susanne, die zum großen Kummer der Familie schon sehr früh verstarb, wurden geboren.
Mühle stand im Weg
Zum Mühlenbetrieb gründeten die Zibolds Anfang der 1970er-Jahre noch eine Bäckerei. Schon früher hatte man für den Eigenbedarf Brot gebacken, und das Aufkommen der ersten Großbäckereien schuf gleichzeitig Bedarf an handwerklich hergestelltem, authentischem Brot, das Kenner schätzten. Leider war dies auch die Zeit ehrgeiziger städtebaulicher Pläne, darunter dem von einer schnurgeraden Verkehrsschneise durch Offenburg in der Achse Weingartenstraße, Grabenallee und Hauptstraße – die »Zibold’sche Mühle« stand im Weg – genau wie übrigens das Billet’sche Schlösschen. Oberbürgermeister Karl Heitz setzte durch, dass die Familie an die Stadt verkaufen musste. »Meinem Vater hat man erzählt: ›Öffentliches Recht bricht Privatrecht!‹«, erinnert sich Michael Zibold. Es sollte noch schlimmer kommen.
Erstes besetztes Haus
Die hochfliegenden Pläne lösten sich nach Widerstand aus dem Gemeinderat in Luft auf – später wurde anstatt der geplanten Trasse der Südring gebaut –, und die Stadt ließ das Gebäude leer stehen, bis es als erstes Haus in Deutschland besetzt wurde. »Meinem Vater hat es unendlich weh getan, zu sehen, dass da die Protestfahnen zum Fenster heraus hingen und in den Räumen gekifft wurde«, erinnert sich Michael Zibold. 1973 kam mit dem Abriss der traurige Schlusspunkt.
Der Jubilar war wie sein eigener Vater Jäger, aber seine wahre Leidenschaft galt dem Schießsport. Er holte so manche Medaille für den Offenburger Schützenverein, für den er auch immer ein großer Gönner und Förderer war. Bis ins Alter war er bei den Seniorenschützen aktiv.
Vor zwei Jahren zogen Freya und Rudolf Zibold aus dem schönen Einfamilienhaus, das sie nach dem Umzug aus der Mühle in der Wann gebaut hatten, in den »Seidenfaden« um. Hier feierten am Wochenende auch Sohn Michael sowie die Enkel Victor und Ludwig im Familienkreis den »Neunziger« von Vater und Opa Rudolf Zibold.