Los ging es vor knapp einem halben Jahr in der Erstaufnahmeeinrichtung in Eggenstein-Leopoldshafen (Landkreis Karlsruhe). Migrationsstaatssekretär Siegfried Lorek (CDU) kam extra zur Ausgabe der ersten Bezahlkarten für Flüchtlinge auf Basis eines einheitlichen Systems in Baden-Württemberg. Was man zu dem Thema wissen muss:

Was ist die Bezahlkarte genau?

Die Bezahlkarte trägt den Namen Socialcard und ist eine Visa-Debitkarte. «Sie unterscheidet sich weder im Funktionsumfang noch vom Design von anderen Visa-Debitkarten, die von Kreditinstituten ausgegeben werden», heißt es auf der Internetseite www.socialcard.de dazu. Die Menschen können sie als Plastikkarte oder als digitale Karte in einem Smartphone verwenden. Die Nutzerinnen und Nutzer erhalten jeweils eine individuelle PIN für ihre Karte.

Wer bekommt die Karte?

In Baden-Württemberg sollen laut dem Migrationsministerium in Stuttgart alle volljährigen Menschen eine Bezahlkarte erhalten, die gemäß Asylbewerberleistungsgesetz staatliche Hilfe bekommen. Bei Familien wird vor der Ausgabe geregelt, auf wessen Bezahlkarte die Leistungen zum Beispiel für Kinder und Jugendliche gebucht werden sollen. Verteilt werden die Karten durch die örtlich zuständigen Behörden wie Landratsämter.

Was kann man mit der Karte machen?

Mit den Karten kann man nach Angeben des Anbieters in allen Geschäften in Deutschland bezahlen, die Visa-Karten akzeptieren. Auch für den Onlinehandel ist die Karte prinzipiell zugelassen. Zudem kann man an Kassen beispielsweise von Aldi, Lidl, dm, Müller, Rossmann und Netto kostenlos Bargeld abheben. Wenn man das an Geldautomaten macht, kostet jede Abhebung 65 Cent.

Die Karte ermöglicht zudem Überweisungen an beziehungsweise Lastschriften zugunsten von IBAN, die Behörden zuvor freigegeben haben. Das sei zum Beispiel für Mietzahlungen, Haushaltsenergie oder ÖPNV-Abos gedacht. IBAN von eigenen Konten der Leistungsberechtigten sowie Konten von Bekannten oder Familienangehörigen könnten auf diese Weise ausgeschlossen werden.

Und was nicht?

Das Land hat eine sogenannte Negativliste erstellt unter anderem mit bestimmten Finanztransfer-Dienstleistern, Krypto-Angeboten und Online-Plattformen, die Geldtransfers ins Ausland anbieten. Bei der Einführung hatte ein Ministeriumssprecher dazu erklärt: «Mit diesen Einschränkungen soll verhindert werden, dass Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ins Ausland zu Verwandten oder an Schleuser transferiert werden können.»

Wie viel Bargeld kann man abheben?

Generell ist das auf monatlich 50 Euro pro Person gedeckelt. Dabei werden Minderjährige mitberücksichtigt, für die volljährige Karteninhaber und -inhaberinnen verantwortlich sind. Das ist einem Erlass des Ministeriums zufolge für Fälle gedacht, in denen man Bargeld braucht wie Taschengeld für Minderjährige, Einkäufe bei Tafelläden oder auf dem Flohmarkt. In begründeten Einzelfällen können die Behörden auch einen höheren Betrag festlegen.

Wie kommen Geflüchtete an die Informationen?

Auf der Seite www.socialcard.de gibt es Informationen in fast 30 verschiedenen Sprachen. Zudem steht eine «My SocialCard»-App zur Verfügung, die zum Beispiel dann wichtig ist, wenn für Online-Zahlungen eine TAN gebraucht wird oder man mit Apple Pay oder Google Pay bezahlen möchte. Über die Angebote kann man nach dem Login zum Beispiel abfragen, ob die eigene Karte für das Bezahlen im Internet freigeschaltet ist. Auch können Nutzer und Nutzerinnen hier erfahren, in welchen Geschäften sie Bargeld abheben können.

Können Behörden sehen, was und wo jemand damit bezahlt?

Sofern Anhaltspunkte vorliegen, dass Leistungsberechtigte über ein Vermögen oberhalb eines Freibetrags verfügen, können die Behörden nach Angaben des Sprechers verlangen, dass die Betroffenen den Kontostand im Wege der Mitwirkungspflichten offenlegen - oder dies entsprechend durchsetzen. Das ist an sich nichts Neues und war auch davor schon bei Girokonten möglich.

Was passiert, wenn man die Karte verliert?

Die Karte kann bei Verlust gesperrt werden, wie der Sprecher erklärte. «Sofern die Karte nicht wiedergefunden wird, kann die alte Karte gekündigt und eine neue Karte ausgestellt werden.» Restguthaben kann auf die neue Karte übertragen werden. Behörden können für Ersatzkarten Gebühren verlangen.

Können auch andere mit der Karte bezahlen?

Die Bezahlkarte ist mit einer PIN gesichert. «Eine Weitergabe von Karte und PIN an andere Personen ist nicht gestattet», erläuterte der Sprecher seinerzeit.

Warum gibt es die Karten überhaupt?

Mit Hilfe der Karten will die Politik unter anderem Geldzahlungen an Schleuser oder Familien in den Heimatländern der Menschen verhindern. Das soll den Anreiz für die sogenannte irreguläre Migration senken. Zudem sollen Kommunen bei der Verwaltung entlastet werden, denn statt staatlicher Leistungen in bar oder als Scheck auszuzahlen, wird das Geld auf die Karte gebucht.

Was kostet das?

In der Antwort des Ministeriums auf einen Antrag der FDP hieß es, für 2025 und 2026 seien je rund 10,7 Millionen Euro eingeplant. «Die tatsächlichen Ausgaben werden wesentlich davon abhängen, an wie viele Geflüchtete Bezahlkarten ausgegeben werden und sind insofern vom Zugang abhängig.»

dpa