Wirtschaft
Willstätt: Orsay entlässt 250 Mitarbeiter
Rüdiger Klausmann
29. April 2008
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Ein weiterer Schock in der Ortenauer Mode-branche: Nachdem das Offenburger Unternehmen Keilbach noch immer gegen die drohende Insolvenz ankämpft, teilte die Willstätter Modefirma Orsay gestern mit, 250 Mitarbeiter zu entlassen.
Willstätt. Geschockt reagierten gestern die 500 Mitarbeiter des Willstätter Textilunternehmens Orsay auf die Ankündigung der Geschäftsleitung, die Lager in Willstätt-Sand und Willstätt-Eckartsweier zu schließen und den Einkauf nach Wroclaw, den bereits bestehenden Orsay-Standort in Polen, zu verlagern. Betroffen von dieser Entscheidung sind 250 Mitarbeiter, zumeist Elsässer, die täglich nach Willstätt pendeln. Das Lager in Eckartsweier wird im Februar 2009 geschlossen, Sand im September 2009 (insgesamt 172 Stellen). Der Großteil des Einkaufs (78 Stellen) wird bis Ende des Jahres nach Polen verlagert. Die Zentrale der Firma ist nicht von der Schließung betroffen. Orsay will sich aber in Willstätt künftig komplett auf den Standort Sand konzentrieren und Eckartsweier ganz aufgeben.
Der Willstätter Bürgermeister Marco Steffens (CDU) sprach von »einem Schlag« für die Gemeinde. Er sagte auf Anfrage der Mittelbadischen Presse aber auch: »Es ist ein wichtiges Signal, dass die Zentrale in Willstätt bleibt.«
»Die Menschen sparen«
Orsay-Unternehmenssprecher Bernhard Fischer bedauerte auf Anfrage der Mittelbadischen Presse die Schließung: »Wir mussten reagieren, um die Rentabilität des Unternehmens in Deutschland wiederherzustellen. Der Markt ist zurückgegangen, die Menschen sparen bei der Kleidung.«
Früher gaben die Deutschen laut Fischer 14 bis 15 Prozent ihres Einkommens für Kleidung aus, heute nur noch neun Prozent. In Deutschland musste Orsay wegen der Kaufzurückhaltung und der starken Konkurrenz durch Firmen wie »H&M« sowie »New Yorker« bis Ende März 2008 ein Umsatzminus von zwölf Prozent hinnehmen. Ganz anders in den östlichen Ländern Europas: Dort erwirtschaftete Orsay 2007 ein Plus von 20 Prozent.
Die Zentralisierung der Lager in Polen sei, so laut Fischer, »zwingend erforderlich, um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens dauerhaft zu gewährleisten.« Mit der Willstätter Lagerschließung hofft Orsay bis 2010 wieder rentabel zu arbeiten – der Umsatz in Deutschland macht 48 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Orsay bietet in 488 Filialen (241 in Deutschland) in 18 Ländern in Europa seine Mode an.
In den nächsten vier bis sechs Wochen wird Orsay mit dem Betriebsrat über einen Sozialplan verhandeln. Laut Gerd Vetter von der Gewerkschaft Verdi ist ein Teil des Umsatzeinbruchs von Orsay in Deutschland hausgemacht: »Das wurde durch Missmanagement verursacht. Orsay ist der Mode hinterhergelaufen und kam mit neuen Trends immer erst sechs bis acht Wochen nach dem Marktführer H&M auf den Markt.« Vetter verärgert: »Und dafür müssen jetzt die Mitarbeiter büßen.«