



Seit mehr als 30 Jahren ist der Narrengottesdienst in Offenburg eine beliebte Tradition.©Christoph Breithaupt
„Nimm dir Zeit“ war das diesjährige Motto des traditionellen Narrengottesdiensts. Und Zeit genommen hatten sich viele. Sie kamen im Häs, mit närrischem Hut oder sonntäglich gekleidet, Alt und Jung, dazu Spättle, Ranzengarde, Bott, Alde und Narrenrat. In den Bänken drängte sich das Narrenvolk. Der Bott eröffnete den Einzug der Garde. Mancher Aktive war erst um 4 Uhr in der Nacht aus dem Narrenkeller gekommen, wie Ehrenzunftmeister Klaus Hansert verriet.
Er hatte auch das erste Wort: Der Gottesdienst gehöre zur Offenburger Fasent dazu und sei eine schöne Gelegenheit, im Trubel innezuhalten. Vor mehr als 30 Jahren seien die Narren auf den damaligen Pfarrer zugekommen, der hätte zugestimmt, einen Narrengottesdienst zu feiern. Das sei bis heute schöne Tradition geblieben. An der Gestaltung beteilige sich die Zunft gerne, alle Mitwirkenden seien mit Feuereifer dabei, um der Gemeinde eine Stunde Flucht aus dem hektischen Alltag zu schenken.
Das Schöne genießen
Mit der Parabel einer Frau, die Bohnen sammelt, um schöne Momente säen zu können, machte er deutlich, wie wichtig es sei, das Schöne zu genießen, denn „was wir heute tun entscheidet darüber, wie die Welt morgen aussieht“. Aktuell sei die Welt allerdings geprägt von Konflikten, umso dankbarer sei er für das gemeinsame Erlebnis dieses Gottesdienstes. Frohsinn sei von Gott gewollt. So habe alles seine Zeit, Trauer aber auch Freude, hieß es in der Lesung.
Der kunterbunte Narrengottesdienst gehört zur Fasnacht dazu, schließlich ist Fasnacht ein christliches Fest, die der strengen Fastenzeit vorgelagerte Erlaubnis, es noch einmal drunter und drüber gehen zu lassen. Die Mächtigen wie auch die Kirche sahen den Mummenschanz zwar zeitweilig kritisch, doch dass Narretei verbindet und Spaß auch vor der Kirchentür nicht halt machen, zeigte sich auch wieder am Sonntag. Die Narren waren gut gelaunt, die Bänke närrisch geschmückt, die Gruppe Regenbogen aus Rammersweier sorgte dafür, dass viele im Takt mit klatschten.
Sichtliches Vergnügen
Dekan Matthias Bürkle feierte seinen letzten Offenburger Narrengottesdienst mit sichtlichem Vergnügen. Auch er ermunterte dazu, sich Zeit zu nehmen für sich selbst, für die anderen und für Gott. Im Dialog mit dem Narren (Stefanie Hansert-Schupp) bekam das Volk den Spiegel vorgehalten. Ähnlich einer Büttenrede erinnerten die beiden an das Zitat aus der Bergpredigt: Mancher sehe zwar „den Splitter“ im Auge des anderen, „den Balken“ im eigenen Auge aber bemerke er nicht. Der „Narr“ kann zunächst keinen Fehler bei sich entdecken, umso mehr aber bei anderen. Bürkle hatte auch die Therapie für‘s bessere miteinander Auskommen parat: „Such nicht bei anderen nach Flecken. Sieh erst den Dreck am eignen Stecken“.