Zwei weitere Stolpersteine wurden am Freitagmorgen in der Riedstraße vor den Hausummern 28 und 40 in das Pflaster eingelassen. Sie erinnern an Wilhelm Friedrich Krauss und Robert Schimpf, die beide durch das NS-Regime zu Tode kamen. Nun zählt Kehl insgesamt 73 dieser Mahnmale, die dafür sorgen sollen, dass die Namen von Juden, Sinti und Roma, von Menschen, die wegen gesundheitlicher Beeinträchtigung ermordet wurden, von Zeugen Jehovas und Menschen, die Widerstand geleistet haben, zumindest nicht vergessen werden.

Im Beisein von etwa 50 Gästen, darunter Angehörige, Mitglieder des "Arbeitskreises 27. Januar" sowie Schüler setzte ein Betriebshofmitarbeiter die Stolpersteine vor den ehemaligen Wohnhäusern der beiden Ermordeten in den Boden. Mitglieder der Zeitzeugen-AG des Einstein-Gymnasiums berichteten in einer szenischen Lesung anschaulich über die ungerechten Gerichtsverfahren, in denen Robert Schimpf und Wilhelm Friedrich Krauss zum Tode verurteilt wurden. Sie zitierten aus den jeweiligen Gnadengesuchen und lasen Artikel aus dem Grundgesetz vor, die sicherstellen sollen, dass Angeklagte in Deutschland vor Gericht gerecht behandelt werden.

„In einer Zeit, in der die Meinungsfreiheit nicht mehr selbstverständlich ist und in der politische Verantwortliche sich daran machen, die Geschichte ihres Landes neu zu erzählen, ist es heute besonders wichtig, sich an die Schrecken der Vergangenheit zu erinnern“, mahnte OB Wolfram Britz in seiner Ansprache. Er dankte den Schülern für ihr Interesse und Engagement: „Ich freue mich, gerade euch hier zu sehen. Denn wir dürfen es uns als Gesellschaft nicht leisten, Kinder und Jugendliche an geschichtsvergessene Leugner und rechtsextremes Gedankengut zu verlieren.“ Durch die beiden Stolpersteine könne zwar nichts ungeschehen gemacht werden, doch gäben sie den ehemaligen Mitbürgern ihren Namen und damit ein Stück ihrer Würde zurück.

Uli Hillenbrand, Lehrer am Einstein-Gymnasium und Leiter der Zeitzeugen-AG, betonte die Wichtigkeit eines jeden Stolpersteines: „Jeder einzelne lädt zur Auseinandersetzung mit den individuellen Schicksalen ein.“

Umrahmt wurde die Stolperstein-Verlegung durch das Violinenspiel von Lea Balzar und Lena Stalinski.

Zur Person 1

Wilhelm F. Krauss

Wilhelm Friedrich Krauss wurde 1909 in Kehl geboren. Krauss wuchs in einer Handwerkerfamilie auf und trat als Maurer beruflich in die Fußstapfen seines Vaters.

Während seines Militärdienstes äußerte sich Wilhelm Friedrich Krauss mehrfach kritisch über die Zustände in der Wehrmacht und die Politik des NS-Regimes. Diese Äußerungen wurden ihm zum Verhängnis: Nach einer Denunziation wurde er verhaftet und zunächst zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.

Später musste er sich an der Front bewähren, doch erneute kritische Aussagen führten zu einem weiteren Verfahren gegen ihn. Der Volksgerichtshof verurteilte ihn wegen „Zersetzung der Wehrkraft“ zum Tode. Wilhelm Friedrich Krauss wurde im August 1942 wenige Tage vor seinem 33. Geburtstag hingerichtet.

Zur Person 2

Robert Schimpf

Robert Schimpf, 1906 in Straßburg geboren, besuchte die Volksschule in Straßburg und Kehl und absolvierte eine Schreinerlehre. Durch seinen Bruder Karl, aktives KPD-Mitglied, soll er Kontakte zur kommunistischen Widerstandsbewegung gehabt haben. Schimpf wurde Opfer des NS-Terrors, als er bei einer Kontrolle an der Rheinbrücke verdächtigt wurde, Geheiminformationen zu besitzen. Ihm wurde vorgeworfen, monatelang militärische Befestigungen für Frankreich ausspioniert zu haben. Der Volksgerichtshof verurteilte ihn wegen „Landesverrats“ zum Tode. Im November 1939 wurde er in Berlin-Plötzensee mit dem Fallbeil hingerichtet. Sein Schicksal steht exemplarisch für die willkürlichen Verhaftungen und Todesurteile, mit denen das NS-Regime Gegner ausschaltete.