Die Welt ist im Umbruch. Wie sollte man als Anleger auf Turbulenzen reagieren?

Kärcher: Zunächst einmal mit Besonnenheit. In genau solchen Phasen zeigt sich, wie wichtig es ist, nicht impulsiv zu handeln. Viele Anleger verfallen dem sogenannten Action Bias – dem Drang, in unsicheren Zeiten irgendetwas tun zu müssen. Dabei ist genau das oft der schlechteste Ratgeber. Wir vertreten die Haltung: Handeln ja – aber nur aus einer Position der Stärke.

Was genau meinen Sie damit?

Kärcher: Lassen Sie mich das bildlich erklären. In der Bibel baut Noah seine Arche nicht im Regen, sondern bei strahlendem Sonnenschein – lange bevor die ersten Tropfen fallen. Als die Flut kam, war er vorbereitet.

Wer erst beginnt, sich Gedanken zu machen, wenn die Märkte bereits in Schieflage sind, kommt oft zu spät. Krisensicherheit entsteht nicht in der Krise – sondern weit davor.

Schuler: Und genau deswegen ist es wichtig, sich rechtzeitig mit der eigenen Risikotoleranz auseinanderzusetzen. Nur wer diese wirklich kennt, kann sein Portfolio so strukturieren, dass er auch in Krisensituationen die Schwankungen aushalten kann.

Was macht ein solches „krisensicheres“ Portfolio aus?

Schuler: Es geht nicht nur um die klassische Streuung über verschiedene Anlageklassen. Die wirklich entscheidende Stabilität entsteht durch die Diversifikation innerhalb der Klassen. Ein breit gestreutes, global ausgerichtetes Aktienportfolio kann im Zeitverlauf viel robuster sein als ein Mix aus selbstgenutzter Immobilie, Festgeld, Lebensversicherung und ein paar deutschen Standardwerten – was auf den ersten Blick sicher wirkt, tatsächlich aber ein enormes Klumpenrisiko birgt.

Kärcher: Gerade in Deutschland sehen wir oft eine starke regionale Konzentration. Dabei vergessen viele: Wer sein gesamtes Vermögen auf die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes setzt, trägt auch dessen politische und regulatorische Risiken. In einer Krise kann das schnell zum Problem werden.

Und was ist mit globalen Indizes wie dem MSCI World? Sind die nicht breit genug aufgestellt?

Kärcher: Das wird oft angenommen – aber der Teufel steckt im Detail. Der MSCI World besteht zu über 70 Prozent aus US-Werten. Wer also denkt, er sei damit global diversifiziert, ist de facto stark von der Entwicklung eines einzigen Landes abhängig. Das kann lang gutgehen – aber wenn es dreht, schlägt die Konzentration voll durch.

Schuler: Deshalb verteilen wir von Anfang an das Kapital gleichmäßiger und schauen im Zeitverlauf, dass diese Quoten auch beibehalten werden. Nach der Wahl von Donald Trump etwa haben wir nach den steigenden Kursen am Quartals-
ende den US-Anteil reduziert – nicht, weil wir wussten, was kommt, sondern weil wir dem Prinzip der Diversifikation konsequent folgen und somit die Klumpenrisiken auf ein Minimum reduzieren.

Ein Übergewicht in den USA war die vergangenen Jahre aber die richtige Wahl, oder?

Schuler: Das ist absolut richtig. Allerdings können Sie das immer erst hinterher beurteilen. Hier ist eben auch in die andere Richtung Disziplin gefordert. Das ist nicht nur für bestimmte Regionen ein Thema. Man spricht hier von dem sogenannten FOMO-Effekt (Fear of missing out), also die Angst etwas zu verpassen – ein ganz typischer Anlegerfehler. Je länger Märkte oder Kurse steigen, desto mehr steigt die Bereitschaft, die Allokation in andere Richtungen zu verschieben. Doch wer seine Strategie anpasst, weil er glaubt, sonst etwas zu verpassen, geht ein großes Risiko ein. Denn Krisen oder Kurseinbrüche kündigen sich nicht an.

Kärcher: Bei konservativen Anlegern, die weniger am Aktienmarkt aktiv sind, kann man ähnliches beobachten. In steigenden Märkten neigen sie dazu Ihre Aktienquote zu erhöhen. Wer dann in einer Krise feststellt, dass er seine Verluste nicht aushält, fängt an hektisch umzuschichten – was meist der denkbar schlechteste Zeitpunkt für Veränderungen ist. So entstehen die größten Verluste. Man findet übrigens immer etwas, das auf eine mögliche Krise hindeuten könnte. Aber wann und ob sie wirklich kommt – das weiß niemand. Im Rückblick lässt sich jede Krise erklären. Aber vorausschauend gelassen zu bleiben, das ist die Kunst. Deshalb raten wir: Wer eine defensive Strategie wählt, sollte sich auch in guten Zeiten konsequent daran halten.

Ihr Fazit?

Schuler: Ein robustes Portfolio basiert auf einer klaren Risikoeinschätzung, konsequente Diversifikation und diszipliniertes Vorgehen.

Kärcher: Dem ist nicht hinzuzufügen.

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