Rund 40 Interessenten waren der Einladung der Kehler Grünen in das Restaurant „O’Kivu“ zu einer Diskussion mit der Bundestagskandidatin Ann-Margret Amui-Vedel und der Straßburger Grünen-Politikerin Sandra Regol gefolgt, die der französischen Nationalversammlung angehört.
Die französischen Grünen, die den Namen EELV (Europe Écologie – Les Verts) tragen, haben lange nicht so viel Gewicht in der Politik wie in Deutschland. Bei den Parlamentswahlen 2022 errangen sie in der Nationalversammlung 16 Sitze. Einen davon hält Sandra Regol, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der EELV. „Wir schielen ein bisschen neidisch auf die Mitgliederzahlen in Deutschland“, bekannte sie.
Beide Parteien eint natürlich der Kampf für den Umwelt- und Klimaschutz – und beide hätten unter Schuldzuweisungen („Die Grünen sind schuld!“) und zum Teil gewalttätigen Attacken zu leiden, sagte Sandra Regol. „Die liberalen Kräfte profitieren von der Krise, die sie mitgeschaffen haben, und die Rechte schüttet ihren Hass über alles aus, was mit Ökologie zu tun hat“, sagte sie. Und obwohl die extreme Rechte in Frankreich schon viel länger als in Deutschland in den Parlamenten sitze, werde in ihrem Land das Erstarken der AfD mit Sorge gesehen: „Wenn das in Deutschland geschieht, hat das eine ganz andere Wirkung als wenn es in einem anderen Land passiert“, so Regol.
In der anschließenden Diskussionsrunde ging es vor allem um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, die Grenzkontrollen und die Atomkraft. Während in Deutschland 2023 die letzten drei Atomkraftwerke abgeschaltet wurden, stammen in Frankreich etwa 60 Prozent im Strommix aus der Kernenergie. Die Systeme seien jedoch veraltet, teuer und hoch subventioniert, sagte Regol. Obwohl Deutschland sehr viel Energie aus erneuerbaren Quellen beziehe, werde es vor allem in den französischen Medien belächelt – als das Land, das viel Kohle verfeuere, die teuersten Strompreise habe und zudem französischen Atomstrom importiere. Ein Gast meinte, dass sich das Thema Atomkraft „von selber lösen werde“, wenn es mit dem Klimawandel so weitergehe: "Wenn die Flüsse zu warm werden, können AKWs mangels Kühlwasser nicht arbeiten“, sagte er.
Allgemein wurde bemängelt, dass Klima- und Umweltthemen im Bundestagswahlkampf viel zu kurz kämen – auch bei den Grünen. „Natürlich muss man eine gewisse Breite an Themen haben, wenn man in die Mitte will, aber der Klimaschutz ist in den letzten Monaten hinten runtergefallen“, kritisierte ein Gast. Das sei auch in Frankreich so: Hier werde das Klimaargument vor allem benutzt, um für AKW zu streiten, als eine „klimarettende Energie“, sagte Sandra Regol.
Ein Bürger fragte, was man gegen die Grenzkontrollen mache, die den Warenfluss und das Leben für Grenzgänger erschwere. Die Straßburger OB Jeanne Barseghian und OB Wolfram Britz hätten zwar eine gemeinsame Erklärung abgegeben, in der sie sich gegen permanente Kontrollen aussprachen, aber die französische Seite könne wenig dagegen tun, bedauerte Regol. Amui-Vedel versprach, sich vor Ort einzusetzen, auch weil sie selbst betroffen sei: „Meine Kinder gehen in Straßburg zur Schule und werden jeden Tag kontrolliert – und das nicht sehr charmant“, berichtete sie.
Geeintes Europa wichtig
Ein geeintes, starkes Europa sei wichtig, nicht nur wegen der Umwelt- und Klimaproblematik, mahnte ein Zuhörer. Trump, Musk und Putin wollten Europa zerstören und trieben den Wahlkampf in eine falsche Richtung, um Europa auseinanderzureißen. Dass Europa seit über 70 Jahren zusammenhält, trotz seiner Geschichte, trotz der vielen unterschiedlichen Kulturen, sei ihnen ein Dorn im Auge.
Einig war man sich, dass Europa vor einem historischen Moment stehe, so Ann-Margret Amui-Vedel und Sandra Regol.