Die Fuhrwerke mit Steinen aus der Klosterruine Allerheiligen standen abfahrtbereit in einer langen Reihe. Es war ein kalter Herbsttag des Jahres 1824, Nebel zog ins Lierbachtal und die Fuhrleute überprüften noch einmal das Kummetgeschirr ihrer Ochsengespanne, bevor der Fuhrunternehmer Gottlieb Huber mit einem kräftigen „Hü“ den Wagentross mit Steinen in Bewegung setzte. Die Sorge der Fuhrleute war groß, ob sie die wertvolle Fracht mit ihren strammen Ochsen auch sicher und ohne Unglück nach Achern transportieren konnten, wo 1824/25 die Bauarbeiten für die neue Kirche „Unserer Lieben Frau“ in vollem Gange waren. Es müssen Stunden vergangen sein, bis die 20 Kilometer zwischen Allerheiligen und Achern im gemächlichen Ochsentempo zurückgelegt waren.

Lange Entfernungen

Mit der Frage nach dem Transport, der Wegeführung und der Arbeiter befasste sich der heimatgeschichtlich sehr bewanderte Johannes Mühlan (Sasbach). Er recherchierte in vielen Quellen, trug wichtige Hinweise zur Verwendung der Allerheiligensteine zusammen. „Es war zu allen Zeiten üblich, für Neubauten auch Baumaterial aus Abrissbauten und Ruinenstätten zu gewinnen, wofür auch lange Entfernungen und topografisch schwierige Streckenverhältnisse in Kauf genommen wurden.“ Deshalb seien Bausteine aus Allerheiligen rein historisch nichts Besonderes, aber sie waren trotz der problematischen Transportwege in Achern wichtig.

Für den Bau der Kirche im Weinbrennerstil 1824/25 wurden nach Mühlan auch Steine der Johanneskirche in Oberachern verwendet, die lange die „Mutterkirche“ für die Christen in „Niederachern“ war. Um Gottesdienste zu feiern, Kinder zu taufen und Hochzeit zu halten, mussten die Acherner bei Wind und Wetter weite Wege gehen. Deshalb wurde es höchste Zeit, dass Achern eine Kirche erhielt und eine selbständige Pfarrei wurde. Das Jubiiläum zum 200-jährigen Bestehen wird zum Patrozinium am 12. Oktober mit einem Gottesdienst, einer Ausstellung und einem Konzert von Stadtkapelle und Jungem Chor Fautenbach gefeiert.

Damit der Kirchenbau zügig vorangehen konnte, mussten täglich jede Menge Fuhren von Steinen abgeladen wurden. „Das war eine große Schinderei“, meinte Franz Graf von den Oldtimer- und Schlepperfreunden, die sich mit „altem Gschirr“ und Anspannungen bestens auskennen. Viele Steine konnten sie nicht laden, dazu waren die Wagen nicht ausgelegt und selbst den stärksten Ochsen ging steil bergauf irgendwann die Kraft aus. Franz Graf war noch in der Landwirtschaft der Eltern mit Ochsen unterwegs und kann ein Lied von der Plagerei singen.

„Klosterruine musste als Steinbruch herhalten“ schrieb der Oppenauer Historiker Horst Hoferer über die Abtei, die über Jahrhunderte hinweg religiös, sozial und finanziell großen Einfluss auf die hiesigen Dörfer hatte und über ein Gymnasium verfügte.

Das dramatische Ende begann in der Zeit der Säkularisation, als Markgraf Karl Friedrich von Baden am 29. November 1802 die „Civil Besitzergreifung“ des Klosters vornahm und dieses aufgelöste.

Raubbau bis 1840

Um noch mehr Kapital aus der Anlage schlagen zu können, wurden die Gebäude ab 1816 als Steinbruch versteigert.

Jede Gemeinde im Umfeld konnte behauende Steine für ihre Rathäuser, Kirchen und Schulen kaufen.

Dieser Raubbau endete erst 1840, über den die Oppenauer Bürger maßlos enttäuscht und machtlos waren.

Neben den Pfarrkirchen in Achern bediente sich auch die von Ottenhöfen, während die sakralen Gegenstände heute noch in Kirchen im weiten Umland von Achern zu finden sind.