Große Doku-Produktionen setzen immer öfter auf große Namen. Der zunehmende Einsatz von Filmstars und anderen Prominenten als Welterklärer ist Gesprächsstoff auf dem diesjährigen Dokumentarfilm-Festival «Sunny Side of the Doc» im französischen La Rochelle, das am 23. Juni beginnt.

Dieses Jahr neu im Streaming ist zum Beispiel die Naturfilm-Reihe «The Americas» mit Tom Hanks als Erzähler. In «Die geheimnisvolle Welt der Elefanten» übernahm zuvor Natalie Portman diese Rolle. Ingo Zamperoni bringt seit längerem dem ARD-Publikum die Höhen und Tiefen der US-Politik näher.

Schon seit fast 20 Jahren ist Hannes Jaenicke mit der preisgekrönten ZDF-Reihe «Hannes Jaenicke im Einsatz» zu sehen. Die nächste Folge über Oktopusse, denen die Erwärmung der Meere zusetzt, wird am 30. September ausgestrahlt.

«Dokumentationen sind wichtiger als Spielfilme»

Jaenicke sieht einen weltweiten Boom des Dokumentarfilms und hat dafür auch eine Erklärung parat: «Im Moment ist es schwer, relevante Stoffe fiktional zu verfilmen, mit Dokus geht das leichter», sagt er im Interview der Deutschen Presse-Agentur. «Die Welt ist im Moment in einem so bedrohlichen Zustand, dass die Dokumentation gegenüber dem Spielfilm das wichtigere Genre ist.»

Bekannte Gesichter und Stimmen können dann Aufmerksamkeit noch steigern. Dokumentarfilmer Gunnar Dedio («Colonia Dignidad: Eine deutsche Sekte in Chile») hat den Eindruck, dass der Einsatz von Prominenten deutlich gestiegen ist. Er sieht das durchaus kritisch: «Damit geht man etwas weg vom inhaltlichen Ansatz hin zu einer Spielfilm-Mechanik, bei der Stars Quote bringen.»

«Kriegt der jetzt nichts anderes mehr zu tun?»

Dass es anfangs auch gegen Jaenicke Kritik nur so hagelte, als er begann, in kritischen Dokus über den Raubbau an der Natur mitzuwirken – daran kann sich der 65-Jährige noch mit einem Schmunzeln zurückerinnern: «"Kriegt der jetzt nichts anderes mehr zu tun?" hieß es in der Presse.»

Dabei habe er sich aber schon immer für Umwelt und Natur eingesetzt: «Ich bin in den späten 70er und 80er Jahren sozialisiert und politisiert worden und seit 1976 Greenpeace-Mitglied. Ich fand es einfach cool, wie die Jungs mit Schlauchbooten gegen Walfänger angegangen sind.»

Dass manchmal Misstrauen angebracht ist, wenn Prominente plötzlich ihre selbstlose Ader entdecken und das auch öffentlichkeitswirksam nach außen tragen – das kann der Schauspieler durchaus verstehen, zumal offensichtlich viele Darsteller hier ein neues Arbeitsfeld entdecken: «Aber das Publikum ist nicht dumm, es versteht sehr schnell, wer es ehrlich meint, und wer nicht.»

Die Reihe «Hannes Jaenicke im Einsatz» jedenfalls erzielt bereits seit 2006 gute Quoten, und dass wohl auch, weil der bekannte TV-Star dort mitwirkt.

«Du bist doch der von RTL»

Über jeden Zweifel erhaben dürfte wohl Günter Wallraff sein, der seit Jahrzehnten als Ikone des Investigativjournalismus über Deutschland hinaus bekannt geworden ist und bereits mit zahlreichen deutschen und internationalen Fernsehauszeichnungen geehrt wurde.

Millionen von Menschen schauen sich regelmäßig das Format «Team Wallraff» auf RTL an. Dabei dürfte die Berühmtheit des Namensgebers für den Erfolg mitverantwortlich sein: «Wir erreichen vor allem auch jüngere Zuschauer», sagt Wallraff der dpa. «Es kommt vor, dass ich schon mal auf der Straße von Jüngeren angesprochen werde: "He, du bist doch der von RTL." Das lass’ ich mir dann gerne gefallen.»

dpa