Das war wortwörtlich ein Musikmarathon, den der Dirigent der Stadtkapelle Kehl, Markus Göpper, sich für das Jahreskonzert 2025 vornahm, indem er das spieltechnisch bereits anspruchsvolle Repertoire des Ensembles in Sache Schwierigkeitsgrad nach oben toppte (laut eigener Aussage). Nachdem während der Corona-Krise die Blasorchester Hanauer Musikverein und Harmonie Sundheim fusionierten, ist seit 2023 auch die Harmonie Auenheim dabei. Die zweifache Verschmelzung unter Göppers Leitung hat gut funktioniert, wie man bei den letzten Konzerten vernehmen konnte. Neuerdings stiegen jedoch einige altbewährten Instrumentalisten aus, andere, jüngere, wurden ins Orchester aufgenommen. Um das hohe Spielniveau aufrechtzuerhalten, bedarf es demzufolge an viel Anstrengung und Hingabe seitens des Ensembles und seines Dirigenten. Das Resultat davon wurde am Samstag in einer inhaltlich und stilistisch niveauvollen Darbietung präsentiert und vom zahlreichen Publikum sichtlich genossen.
Unter Leitung von Esther König-Leblond zeigte die Jugendkapelle ihr Können, mit Gustav Holsts „Jupiter“ und dem Hit von Camila Cabello, „Havana“. Sie spielte in sehr langsamen Tempi, aber schön, akkurat – zur Freude der anwesenden Eltern und Familien. Bei „Havana“ beherrschten die jungen Musizierenden südamerikanische Rhythmen, trotz höherem Schwierigkeitsgrad, sauber.
Märchenhaft
Mit „Celebration Fanfare“ von Steven Reineke eröffnete darauf die Stadtkapelle das Jahreskonzert en force, in feierlicher Stimmung. Bei Mario Bürkis „Der Magnetberg“ – einer Komposition, die vom gleichnamigen Märchen aus der „1001 Nacht“ inspiriert wurde – zeigte dann das Ensemble seine große Ausdrucksbreite: Es spannte einen klanglichen Regenbogen aus, zwischen dynamischen, dramatischen Passagen und solchen voller Poesie, mit sehr lyrischen Soli. Göpper offenbarte erneut seine Magie als Dirigent gerade in den Partien mit abrupten Steigerungen – in denen er die vielen Stimmen in einem vor Lebendigkeit pulsierenden Bund vereinte und sie dann „gen Himmel schleuderte“. Das wirkt wie ein Bewußtseins-Raffer, mit enormem Sogeffekt. Dazu trugen auch die exzellenten Perkussionisten des Ensembles maßgebend bei. Chapeau!
Energiegeladen
Auf dem ganzen Konzertparcours konnte die Zuhörer diesen energiegeladenen Spagat immer wieder erleben: Zwischen vulkanischen Ausbrüchen, Klang-Tsunamis und aber dann Lyrik pur. Die Musiker steigerten sich immer mehr, der Sound wurde immer runder und geschliffener. Aber noch deutlicher wurde dies nach der Pause, in der herrlichen „An American Symphonie“ von Michael Kamen, in „Love Boat“ von Charlie Fox, und bei „Blu“ von Ryuichi Sakamoto“, mit Andreas Dilles am Flügel. Die Komposition „Bugatti Step“ von Jaroslav Jezek brachte dann die Atmosphäre der 30er-Jahre – Zeitsprung, tänzerisch, elegant. Kompliment an alle Instrumentalisten, welche mit ihren Soli viele Momente des musikalischen Diskurses zum Ohrenschmaus machten!
„Eine unglaubliche Spielfreude war beim Orchester zu sehen“, bemerkte ein Zuhörer im Gespräch mit der Kehler Zeitung. „Sie haben alles gegeben.“ Das Publikum würdigte dies mit beherztem Applaus und Zujubeln, verlangte nach Zugaben, die dann auch kamen: „Daft Punk“ und darauf „Der Fliegermarsch“, bei dem der ganze Saal rhythmisch klatschte, die Augen der Älteren leuchteten und die Füße fröhlich hüpften.