Sinkende Flüchtlingszahlen: 102 Stellen weniger nötig
Die Gesamtstrategie Zuwanderung der Kreisverwaltung bekam im Verwaltungsausschuss zwar viel Lob, dennoch wollen die Kreisräte mehr Zeit und sie deshalb erst im Herbst beschließen. Signifikant zurückgegangen ist derweil die Zahl der Flüchtlinge. Seit Mai hat das Land der Ortenau eine Person zugewiesen.
Fast könnte man fragen, ob eine Gesamtstrategie für die Zuwanderung angesichts der Zahlen überhaupt noch notwendig ist. 3783 Menschen leben aktuell in den vorläufigen Unterkünften. Die seien damit zu 66 Prozent ausgelastet, sagte Landrat Frank Scherer gestern im Verwaltungsausschuss des Kreistags bei der Vorstellung des Strategiepapiers. Gerade mal einen Flüchtling hat das Land dem Landkreis seit Mai geschickt. Dazu kamen noch 96 Personen im Rahmen der Familienzusammenführung in die Ortenau. Außerdem kümmert sich der Landkreis um 314 unbegleitete minderjährige Ausländer.
Zahlen werden wieder steigen
Scherer rechnet allerdings aus mehreren Gründen nicht damit, dass die Flüchtlingszahlen so niedrig bleiben werden. Es gebe viele Menschen, die in Afrika auf eine Gelegenheit warten nach Europa zu kommen. Zudem schicke das Land Baden-Württemberg Flüchtlinge in Landkreise, die noch nicht so viele Personen aufgenommen haben wie der Ortenaukreis. Sobald die Flüchtlinge anerkannt sind, haben sie das Recht, ihre Familie nachzuholen. Auch deshalb geht Scherer von einem Anstieg der Flüchtlingszahlen aus.
Momentan kalkuliert die Kreisverwaltung mit 200 Flüchtlingen, die jeden Monat in die Ortenau kommen. Das sei aber nur eine Schätzung, so Scherer. Prognosen, wie viele Menschen es tatsächlich sein werden, gebe es vom Bund und vom Land schon lange nicht mehr.
Viele kurzfristige Verträge
Aktuell verfügt der Landkreis über 6 059 Plätze in den vorläufigen Flüchtlingsunterkünften. Bis Ende 2016 sollen es nur noch 5229 sein. Diese Reduzierung ist auch deshalb möglich, weil der Landkreis für die Unterkünfte viele kurzfristige Verträge geschlossen hat. 1100 bis 1200 Plätze betreffe das, erläuterte Michael Loritz, Dezernent für Migration.
In der Gesamtstrategie hat die Kreistagsverwaltung aufgeschrieben, was sie schon tut, aber auch, wie Integration gelingen kann, oder wie die Menschen untergebracht werden sollen.
Sie hat das in aller Ausführlichkeit getan. Die Kreistagsfraktionen waren voll des Lobes für das Werk. Sie forderten allerdings mehr Zeit, um sich damit auseinanderzusetzen. Nur die SPD-Fraktion stimmt geschlossen gegen die Verschiebung. Sie fürchte, so Kreisrat Christoph Jopen, das wäre das falsche Signal. Scherer zeigte Verständnis für die Entscheidung: Besonderen Zeitdruck gebe es nicht. Jetzt soll die Strategie im Herbst beschlossen werden.
Weniger Stellen nötig
Der Rückgang der Flüchtlingszahlen hat auch positive Auswirkungen auf den Kreishaushalt. Im März hatte Finazdezernentin Jutta Gnädig noch mit 233 zusätzlichen Stellen wegen der Zuwanderung in diesem Jahr kalkuliert. Konkret: Statt 235 sollen nur noch 133 zusätzliche Stellen geschaffen werden, also 102 weniger.
Das drückt natürlich auch die zusätzlichen Kosten, die die Kämmerin einplanen muss. Für dieses Jahr war sie im März noch von 6,4 Millionen Euro und für das kommende Jahr sogar von 10,2 Millionen an Mehrkosten ausgegangen, stattdessen sind es jetzt nur noch 4,2 respektive 7,2 Millionen Euro.