Leser helfen

Missbrauchsopfer: Dem Schrecklichen etwas Positives entgegensetzen

Christiane Agüera Oliver
Lesezeit 4 Minuten
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05. December 2023
Seit Oktober arbeitet die Sozialpädagogin Regina Schmidt beim "Aufschrei". Die berät vornehmlich sexuelle Missbrauchsopfer, die oft völlig verzweifelt zu ihr kommen.

Seit Oktober arbeitet die Sozialpädagogin Regina Schmidt beim "Aufschrei". Die berät vornehmlich sexuelle Missbrauchsopfer, die oft völlig verzweifelt zu ihr kommen. ©Stephan Hund

Die Benefizaktion "Leser helfen" zugunsten des "Aufschrei" steuert auf die 50.000-Euro-Grenze zu. Heute porträtieren wir die Sozialpädagogin Regina Schmidt, die als Fachberaterin Missbrauchsopfern hilft.

Mit der Weihnachtsaktion "Leser helfen" der Mittelbadischen Presse soll die Arbeit des Ortenauer Vereins "Aufschrei" gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Erwachsenen unterstützt, unter anderem auch die Beratung intensiviert werden. Seit Anfang Oktober gehört Sozialarbeiterin und Sozialpädagogin Regina Schmidt zum Team in der Offenburger Beratungsstelle.

Nach ihrem Studium arbeitete Regina Schmidt im Frauenhaus, in einem Flüchtlingswohnheim für Frauen und schließlich beim Diakonischen Werk in der Schwangerschafts- und Schwangerschaftskonflikt- sowie der allgemeinen Sozialberatung. In ihren bisherigen Arbeitsfeldern gehörten meistens Frauen zur Zielgruppe. "Allesamt beeindruckende Frauen, deren Lebensgeschichten mich berührten, die ich ein Stück weit auf ihrem Weg begleiten durfte", berichtet sie.

Menschen an Wendenpunkten und in Krisen zu begleiten, sei eine bereichernde Erfahrung. "Zum einen waren es Frauen, die Gewalt erfahren und ins Frauenhaus gehen mussten und die oft genug auch von sexualisierter Gewalt betroffen waren." Die Auseinandersetzung mit einer traumasensiblen Beratung und auch der Selbstfürsorge sei wichtig in einem solchen Kontext.

"Im Flüchtlingswohnheim waren es zum anderen Frauen, von denen einige auf ihrem Fluchtweg nach Deutschland Gewalt erlebten oder von Zwangsprostitution betroffen waren." Auch hier traf Regina Schmidt auf Frauen, die sich meist ohne soziales Netzwerk und völlig auf sich allein gestellt, mit oder ohne Kinder, durchs Leben kämpften.

Später arbeitete die Sozialarbeiterin mit schwangeren Frauen und frischgebackenen Müttern, die Unterstützung brauchten." Schwangerschaft und Geburt gehören ebenso zu den Lebensphasen, in denen man als Frau manchmal ganz schön ratlos ist. Erst recht in der Schwangerschaftskonfliktberatung, wo noch das große gesellschaftliche Tabu "Schwangerschaftsabbruch" hinzukommt, das leider immer noch so viele Frauen mit ihren Nöten völlig isoliert hält", erinnert Schmidt. So seien es in ihrem Berufsalltag oft Frauen, die alleine kämpfen, manchmal auch sehr müde sind, trotzdem nicht aufgeben und beschließen einen Schritt nach dem anderen in Richtung Hoffnung zu gehen. "Das macht die Arbeit so sinnstiftend. Dem Schrecklichen etwas Positives entgegen zu setzen", betont die Sozialpädagogin.

Mit "Aufschrei" als Arbeitsplatz habe die studierte Sozialarbeiterin und Sozialpädagogin mit Weiterbildungen zur Traumafachberaterin und Systemischen Beraterin schon in ihrem Studium geliebäugelt. "Wenngleich ich diese Arbeit sehr anspruchsvoll finde, fühle ich mich perfekt ausgestattet mit Vorerfahrungen in den Themenbereichen Beratung, Trauma und Gewalt", berichtet die 38-Jährige.

In der Beratung liegt nun auch der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit bei "Aufschrei". "Das heißt, es kommen Menschen hierher, die sich Information wünschen, Fragen zu ihrem Thema haben oder die eine Begleitung auf ihrem Weg brauchen", beschreibt sie.

Viele seien erst einmal sehr verzweifelt und Regina Schmidt kann sie dabei unterstützen, einen Umgang mit dem Erlebten zu finden. Oft seien es also Betroffene, die sich an "Aufschrei" wenden, weil sie selbst sexualisierte Gewalt erlebt haben.

"Es kommen aber auch Angehörige zu uns, die wissen wollen, was einem Mensch in ihrem Umfeld helfen würde und wie sie selbst damit zurechtkommen können, wenn sie emotional überfordert sind, weil die eigene Tochter etwas Schlimmes erlebte und man als Elternteil nicht weiß, wie man reagieren soll", nennt sie ein Beispiel.

Emotionaler Beistand

Ein weiterer Teil ihrer Klienten sind die Mitarbeiter von Einrichtungen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. "Bei ihnen geht es oft darum, dass es zu mehr oder weniger gravierenden Vorfällen kam und sie Fragen zum professionellen Umgang mit solchen Situationen haben." Es würde Situationen geben, die sich an der Grenze oder in einer Grauzone befinden.

"Und diese Kräfte brauchen den Austausch mit einer Fachberatungsstelle wie dem Aufschrei, die Feedback geben kann zur weiteren Vorgehensweise oder künftigen Interventionen." Viel drehe sich um emotionalen Beistand und eine soziale Unterstützung. "Aber auch das Wissen um Trauma gibt den Menschen Halt, erweitert den Handlungsspielraum und schafft wieder das Gefühl von Sicherheit."

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