Untersteller kommt in die Höhle des Löwen
Die Ortenauer Bürgerinitiative gegen Tiefengeothermie will beim Besuch des Umweltministers am Montag in Neuried-Altenheim für ihre Anliegen trommeln. Aus Berlin erhält sie Signale, die Mut machen.
Am kommenden Montag begibt sich Baden-Württembergs Umwelt- und Energiewirtschaftsminister Franz Untersteller (Grüne) in die Höhle des Löwen, denn abends um 19 Uhr hält er – auf Einladung des Neurieder Bürgermeisters Jochen Fischer (parteilos) und des Grünen Landtagsabgeordneten Thomas Marwein – eine Rede in Neuried-Altenheim. Thema des Vortrags in der Herbert-Adam-Halle: die Energiepolitik der Landesregierung.
Ebendiese Energiepolitik sorgt für großen Unmut in der Ortenauer Bevölkerung, denn die Landesregierung möchte auch die Tiefengeothermie zur Strom- und Heizwärmegewinnung vorantreiben. Viele Bürger – vor allem in Kehl und Neuried – sind aber gegen den geplanten Bau eines Geothermie-Kraftwerks zwischen Neuried-Altenheim und Kehl-Kittersburg und auch gegen die notwendigen Probebohrungen. Sie befürchten Schäden für Natur und Umwelt und kritisieren, dass das Bohrunternehmen Geysir Europe, das zum Konzern Daldrup & Söhne gehört, bis heute nicht über die geplanten Bohrungen informiert habe.
Auch wenn das Neurieder Geothermie-Projekt aufgrund demnächst auslaufender Verträge auf der Kippe steht: Mitglieder der Bürgerinitiative (BI) gegen Tiefengeothermie im südlichen Oberrheingraben wollen die Veranstaltung am Montagabend nutzen, um Untersteller einige Fragen zu stellen und ihre Bedenken zu äußern.
Auch Jochen Strosack (Freie Wähler), Ortsvorsteher von Neuried-Altenheim, übt im Gespräch mit der Mittelbadischen Presse Kritik: »Der Investor hat es bis heute nicht für notwendig gehalten, die Bürger in irgendeiner Weise zu informieren. Sich in einer Info-Veranstaltung zu stellen und Fragen der Bürger zu beantworten – das wäre das Mindeste gewesen.«
Hoffnung macht der Bürgerinitiative die Entwicklung im politischen Berlin: Die Große Koalition plant nach Angaben des BI-Vorsitzenden Richard Schüler eine Änderung des Bergrechts. Schüler ist auch Ortsvorsteher von Kehl-Goldscheuer, -Marlen und -Kittersburg. Er sagt, dass die Beweislastumkehr im Bergrecht vor einer Änderung steht: Sollte es Schäden nach Bohrungen geben, müsste zukünftig der Bohrbetreiber beweisen, dass seine Bohrungen nicht der Grund für die Schäden sind. Außerdem sollen Bürgerbeteiligung und Transparenz sowie eine Umweltverträglichkeitsprüfung ab 1000 Metern Tiefe gesetzlich verankert werden, so Schüler. »Das erfreut uns.« Die gesetzliche Änderung könne aber noch ein bis zwei Jahre auf sich warten lassen.
Schüler sieht weitere Fragestellungen für den Untersteller-Besuch: Rund um Straßburg sind fünf Tiefengeothermie-Kraftwerke geplant, in der Ortenau eines. Sind das nicht deutlich zu viele? Und gäbe es überhaupt Abnehmer für die durch ein Neurieder Kraftwerk produzierte Heizwärme?
Neben dem auslaufenden Pachtvertrag gibt es weitere Fragezeichen beim Neurieder Geothermieprojekt: Das Regierungspräsidium prüft derzeit eine Verlängerung der Ende 2014 auslaufenden bergrechtlichen Erlaubnis zur Aufsuchung sowie der für die Probebohrungen nötigen Zulassungen (die Mittelbadische Presse berichtete am 29. November). Eine rückwirkende Verlängerung nach dem 31. Dezember 2014 ist möglich. Der Hauptbetriebsplan »Bohrplatzbau« etwa wurde im Mai 2013 bis Ende 2014 verlängert, nachdem er Ende 2012 ausgelaufen war.