Eskalation an der EU-Außengrenze

Die EU soll Erdogan mehr Geld überweisen

Christopher Ziedler
Lesezeit 3 Minuten
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01. März 2020
Am Sonntag haben Flüchtlinge versucht, den griechisch-türkischen Grenzfluss Evros zu überqueren.

Am Sonntag haben Flüchtlinge versucht, den griechisch-türkischen Grenzfluss Evros zu überqueren. ©Foto: AP/Emrah Gurel

Hinter den Kulissen wird ein neuer Türkei-Deal erarbeitet, damit sich die Ereignisse von 2015 nicht wiederholen.

Berlin - Im Kanzleramt ist das Wochenende ausgefallen. Freizeit ließ die Lage an der EU-Außengrenze zur Türkei nicht zu. Und so wurde am Sonntag im Lagezentrum der Regierungszentrale nicht nur genau verfolgt, wie die von Ankaras Regierung nicht mehr aufgehaltenen Syrienflüchtlinge auf die griechischen Inseln übersetzten und auch die gesicherte Landgrenze entlang des Evros-Flusses zu durchbrechen versuchten. Die Krisendiplomatie führte auch zu Kontakten mit der griechischen und türkischen Regierung sowie den EU-Institutionen. Auch mit Bulgarien stand man im Austausch, wo ebenfalls wieder Flüchtlinge Einlass in die Gemeinschaft begehren könnten, wenn sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan weiter nicht mehr an das EU-Türkei-Abkommen aus dem Frühjahr 2016 gebunden fühlt.

Merkel sieht sich bestätigt

Angela Merkel sieht sich durch die jüngsten Ereignisse bestätigt, dass ihr häufig kritisierter „Deal“ mit Erdogan richtig war. Erst jetzt, nachdem er mehrere Tage nicht eingehalten worden ist, lässt sich nach Ansicht der Kanzlerin dessen Wert richtig ermessen. Die Anstrengungen der Bundesregierung richten sich entsprechend darauf, das Abkommen zu retten beziehungsweise nachzuverhandeln.

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Erdogan geht es um mehr Geld. Schon auf einer Pressekonferenz mit Merkel Ende Januar in Istanbul hatte er beklagt, dass „die EU und auch viele EU-Mitgliedstaaten in Bezug auf die Flüchtlinge nicht sehr viel unternommen“ hätten. Die Kanzlerin sieht das – obwohl Erdogan mit seinem Einmarsch in Nordsyrien die Lage noch verschärft hat – ähnlich. „Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die EU auch über die zweimal drei Milliarden Euro hinaus Unterstützung leistet“, sagte sie bereits vor fünf Wochen angesichts der fast vier Millionen Flüchtlinge in der Türkei. Deutschland sei auch bereit, etwas für die Schutzsuchenden aus der umkämpften nordsyrischen Stadt Idlib zu tun, wo sich die humanitäre Lage seither noch einmal dramatisch zugespitzt hat.

Während AfD-Fraktionschef Alexander Gauland das „zynische Erpressungsmanöver“ Erdogans beklagt und die Linke-Abgeordnete Ulla Jelpke schon am Freitag fragte, wie tief „die EU noch vor dem Despoten am Bosporus in die Knie gehen“ wolle, statt selbst für eine humane Aufnahme zu sorgen, erfährt Merkel in den Koalitionsfraktionen Unterstützung für ihren Kurs. „Es ist sinnvoll, die Türkei mit einer dritten Tranche der Flüchtlingshilfe zu unterstützen“, sagt der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid. „Dies ist ein wichtiger Anreiz für die Türkei, sich an das Abkommen zu halten.“ Der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster sieht das ähnlich: „Wir Europäer müssen jetzt vor allem stärker der Türkei bei der Versorgung der Flüchtlinge helfen – auch wenn sie mit dem Einmarsch in Nordsyrien einen Riesenfehler gemacht hat.“

Die Grenzschließung als letztes Mittel

Er deutet auch an, wie die EU-Staaten, die mehr Finanzhilfe für Ankara bisher skeptisch sehen, überzeugt werden sollen: „Unsere europäischen Nachbarn sollten sich nicht darauf verlassen, dass Deutschland in einer ähnlichen Lage wie 2015 noch einmal ähnlich entscheiden würde – dafür gibt es keine gesellschaftliche oder parlamentarische Mehrheit mehr.“ Auf die damaligen Ereignisse, als die Grenze für aus Ungarn kommende Syrer geöffnet blieb, verweist auch Fraktionsvize Thorsten Frei: „Eine Situation wie im Herbst 2015 darf sich nicht wiederholen.“ Das heißt für ihn in letzter Konsequenz auch „lückenlose Kontrollen und Zurückweisungen an der deutschen Grenze“. Leidtragende wären neben den Flüchtlingen selbst die Staaten entlang der sogenannten Balkanroute.

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