Am vergangenen Samstag lud die Musikkapelle Reichenbach zu ihrem Frühjahrskonzert in die Mönch-Richo-Halle ein. Unter der Leitung von Arturo Sevilla Quintana, der das Ensemble seit einem Jahr mit südamerikanischem Temperament und musikalischer Leidenschaft führt, erlebte das Publikum einen Abend voller neuer Impulse und bewegender Momente.
Zur Eröffnung begrüßte die Vorsitzende Katja Sum die zahlreichen Gäste. Im weiteren Verlauf übernahm sie auch die Moderation und führte informativ sowie augenzwinkernd durch das abwechslungsreiche Programm. Sum betonte, dass die Musikkapelle sich unter Arturos Dirigat auf einer spannenden musikalischen Reise befinde: „Badisches Gemüt trifft auf südamerikanisches Feuer.“ Eine Verbindung, die längst auf die Musikerinnen und Musiker übergesprungen ist. Mit viel Geduld, Leidenschaft und einem feinen Gespür für neue Klänge erarbeitete Arturo für den Konzertabend ein Programm mit sechs komplett neuen Stücken, das mutig frische Wege beschreitet und die Zuhörer überraschen sollte. Arturo verstehe es meisterhaft, die Kapelle mit Energie und Elan zu erfüllen und jedem Mitglied Wertschätzung entgegenzubringen, lobte Sum. Eine Motivation, die sich spürbar auf die Spielfreude übertrug.
Höfische Pracht
Voller Spannung begann der musikalische Abend mit dem ersten Werk: „Courtly Airs and Dances“ von Ron Nelson, das die Zuhörer quer durch die Renaissancehöfe Europas des 16. Jahrhunderts führte. Schon beim eröffnenden, fanfarenartigen Klang der Intrada wurden die Gäste in eine festliche Prozession versetzt. Mit der folgenden Bass Danse entfaltete der würdevolle Tanz die aristokratische Pracht am französischen Hof. Englisch erklang daraufhin die getragene Pavane, bevor es mit einem lebhaften Saltarello weiter nach Italien ging: temperamentvoll und voller Leichtigkeit wirbelte die Musik durch den Raum. In Spanien angekommen, verbreitete die edle und ernste Sarabande eine fast mystische Stimmung. Schließlich ging es ins heimische Deutschland: Die lebhafte Allemande krönte mit schwungvollen Bewegungen dieses Stück.
Nach diesem festlichen Auftakt fand sich das Publikum ganz woanders wieder: in der malerischen Landschaft Nordwestdeutschlands, mit der Kreation „Ammerland“ von Jacob de Haan. Dieses Stück wurde der Kapelle von Albert Wussler anlässlich seines 75. Geburtstags gespendet – und feierte an diesem Abend seine klangvolle Premiere. Jacob de Haan ließ sich zu dieser Komposition inspirieren, als er ein Blasorchester aus dem Ammerland in einem historischen Kurhaus dirigierte und Zeuge des sich lichtenden Nebels über dem Zwischenahner Meer wurde. Dieser atmosphärische Wandel – vom mystischen Morgendunst zum strahlenden Tageslicht – prägt auch die musikalische Struktur des Stücks.
Und ein Sonnenaufgang kommt selten allein – die Musikkapelle machte mit dem nächsten Stück einen großen Sprung nach Osten, ins Reich der aufgehenden Sonne. „The Seventh Night of July“ von Itaru Sakai basiert auf dem japanischen Tanabata-Fest, das am 7. Juli gefeiert wird und die romantische Legende eines Liebespaars erzählt, das sich nur in dieser Nacht treffen darf. Sakai vertonte diese Geschichte mit einer Komposition, die durch ihre lyrischen Melodien und ausdrucksstarken Altsaxofon- und Euphonium-Soli (Manfred Wußler und Andreas Benz) besticht, welche die beiden Hauptfiguren der Legende musikalisch darstellen. Die Musikkapelle brillierte mit emotionaler Tiefe. Die Kombination aus fernöstlichen Klängen und westlicher Blasmusiktradition machte dieses Stück zu einem Höhepunkt des Abends.
Nach der Pause folgte eine griechische Reise. In „Greek Folk Songs“ von Franco Cesarini verschmolzen die Musiker antike Folklore mit sinfonischer Blasmusik zu einem Ausdruck südlicher Lebensfreude.
Filmreif wurde es mit „Moment für Morricone“ von Johan de Mey: ein gefühlvolles Tribut an den legendären Komponisten Ennio Morricone, bekannt für seine ikonischen Western-Melodien wie „Spiel mir das Lied vom Tod“. Die Musikkapelle erweckte die großen Bilder bekannter Western-Filme zum Leben.
Zu Hochtouren liefen Arturo und seine Musiker beim Schlussakkord auf: Mit „Ritmos de la Terra“ von Victoriano Valencia badete das Publikum bis über die Ohren in der rhythmischen Welt spanisch-lateinamerikanischer Folklore mit lebendigen Tanzformen und leidenschaftlichen Melodien. Der Dirigent ließ das Publikum mit einem einfachen Echogesang aktiv am Konzert teilnehmen – eine gelungene Interaktion, die die Energie und Lebensfreude des Stücks noch verstärkte – und dem gebürtigen Ecuadorianer, der drei Stücke zu einer kleinen Suite zusammengestellt hatte, sichtlich Freude bereitete. „Musik spricht zu uns und verbindet unsere Herzen“, ergriff der Dirigent selbst das Wort.
Glockenspiel als Zugabe
Eine letzte, „nicht ganz typische Zugabe“, so Sums Worte beendete den musikalischen Genuss. Das Stück wurde der Hans-Jürgen-Klaussner-Stiftung gewidmet, die der Musikkapelle im vergangenen Jahr durch eine großzügige Spende einen lang gehegten Wunsch erfüllte: ein Röhrenglockenspiel. In „Sogno di volare“, Christopher Tins Traum vom Fliegen, kamen die Röhrenglocken eindrucksvoll zum Einsatz. Es folgte der geselligen Teil des Abends, bei dem das Engagement und die Hingabe der Musikkapelle und ihres Dirigenten gebührend gewürdigt wurden.