Von der Elbe an die Spree: Nach acht Jahren an der Spitze der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) übernimmt Marion Ackermann die Führung der mächtigsten Kulturinstitution Deutschlands. Ab Juni ist sie Präsidentin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) in Berlin, deren Beirat sie über Jahre schon angehörte.
Es ist der logische nächste Karriereschritt der renommierten Museumsmanagerin und Kuratorin, die 2003 als 38-Jährige die damals jüngste Chefin eines großen Hauses in Deutschland wurde.
Die promovierte Kunsthistorikerin, 1965 in Göttingen geboren, fing als Kuratorin der Städtischen Galerie im Münchner Lenbachhaus an, war dann bis 2009 Leiterin des Kunstmuseums Stuttgart und danach bis 2016 künstlerische Direktorin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf.
Ihre Dresdner Zeit ist viel Licht und ein dunkler Schatten. Zu den Erfolgen zählen große Schauen zu Jan Vermeer und Caspar David Friedrich, die Etablierung der einzigen Kinderbiennale neben dem Original in Singapur oder Ausstellungen zu radikalen Künstlerinnen hinter dem Eisernen Vorhang. Zudem verantwortete sie Schauen zu junger Kunst aus dem In- und Ausland oder Subkultur Ende der 1970er Jahre in BRD und DDR.
Mit Hilfe für die SKD gewonnener Privatsammlungen verschob sie das Gewicht der SKD zugunsten der Moderne neben Barock oder Renaissance, für die sie zuvor berühmt waren. Ackermann hat hervorragende Kontakte zu Künstlern, Sammlern und Kultureinrichtungen weltweit, ist hoch anerkannt nicht nur in der Museumswelt. Fasziniert vom Bezug der Kunst zum Handwerk öffnete sie die Sammlungen für Besucher bis in Depots hinein und die Häuser für Begegnung und Diskurs - dem sie sich selbst stellte wie im «Bilderstreit» um die Kunst der DDR in Museen 2018.
Anwältin der Kunst und Kultur
Ackermann engagiert sich dafür, dass Kunst und Kultur den gebührenden Raum, die nötige Aufmerksamkeit und die nötigen Ressourcen erhalten. Zu ihren Innovationen an der Elbe gehören die Partnerschaft mit Museen in der Region und die Ressourcenverteilung nach gemeinsam festgelegten inhaltlichen Schwerpunkten. Und auch die Ausrichtung in die Welt mit der Kultur als Botschafter, vor allem nach Osteuropa, ist ihr wichtig.
Ihren Eifer im Bereich Bildung und Vermittlung indes bremste die Corona-Pandemie aus, dafür ging es mit der Digitalisierung und Internetpräsenz schneller als gedacht, gezwungenermaßen wegen der Lockdowns. Mit dem Archiv der Avantgarden fügte sie den SKD eine «neue Idee von Museum» hinzu. Es steht für größere Durchlässigkeit: die Sammlung auch als Archiv zu verstehen, Geschichten zu erzählen, Entdeckungen zu ermöglichen.
Der spektakuläre Einbruch ins Historische Grüne Gewölbe im November 2019, bei dem historische Juwelen aus Diamanten und Brillanten von Millionenwert gestohlen wurden, war ein tiefer Einschnitt für die Erfolgsgewohnte. Im Zuge des Prozesses gegen fünf Täter kehrte der Großteil der Schmuckstücke 2022 zurück, wie immer von Ackermann erhofft. Die SKD stellten in der Konsequenz ihr Sicherheitssystem komplett neu auf, mit viel Geld.
Öffentliche Kritik
Über Monate stand Ackermann im Zentrum öffentlicher Kritik wegen des verlorenen «Staatsschatzes» und der Ursachen. «Es gab Momente, die mir sehr nah gingen», bekannte Ackermann, die vor allem von der AfD im Landtag angefeindet wurde: erst wegen der Umbenennung von Objekten mit historisch rassistisch oder diskriminierenden Titeln, dann wegen des Kunstdiebstahls und bis zur Verkündung ihres Wechsels in die Hauptstadt.
Berlin gewinnt mit Ackermann eine Museumsmanagerin, die ihre Vorhaben mit weiblichem Charme statt lautem Getöse durchsetzt - und persönlichen Verbindungen. Die 60-Jährige geht offen auf Menschen zu, begeistert mit ihrer Faszination nicht nur für Kunst und steht für intelligente Frauenpower, auch in Führungspositionen - und die Dresdner Erfahrungen haben ihre Fähigkeit in Krisen gestählt.
Nun soll sie die Reform der SPK als Deutschlands wichtigster und größter Kultureinrichtung Deutschlands, umsetzen und diese unter anderem international konkurrenzfähig machen. Zu der vom Bund und allen Ländern getragenen Stiftung mit insgesamt rund 2.000 Beschäftigten gehören neben der Staatsbibliothek Berlin auch die Staatlichen Museen zu Berlin.
Auch Ackermann sieht in Sachen Internationalität noch Luft nach oben bei Deutschlands Museen. Sie sollten «da noch stärker und vielleicht ein bisschen freier agieren», sagte sie im Februar der Deutsche Presse-Agentur in Dresden. «Wir müssen uns der Welt stellen und zu Menschen im Kulturbereich international enge Beziehungen aufbauen, selbst in problematischen Systemen.»