Häftlinge bestialisch ermordet: Schüler lesen Namen der Ermordeten vor
Ein Gedenken an ein schreckliches Verbrechen der Nationalsozialisten in Offenburg fand am Samstag auf Einladung der Erich-Kästner-Schule und des Familienzentrums Nordoststadt in der Aula der Realschule statt. Der Bezug der Schule sind die geografische Nähe zum Tatort, eine Erinnerungs-Tafel an der Schulwand und die Aufarbeitung dieses Verbrechens im Geschichtsunterricht
Die Fakten: Am 12. April 1945, kurz vor der Räumung des Lagers in der Nordoststadt, ließ die SS 41 Häftlinge auf bestialische Weise ermorden. Heute befinden sich in unmittelbarer Nähe des Tatorts in der Prinz-Eugen-Straße die Erich-Kästner- und die Anne-Frank-Schule, das Stadtteil- und Familienzentrum Buntes Haus, Wohnbebauung und das Polizeipräsidium Offenburg.
In den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges war auf diesem Gelände ein Außenlager des KZ Natzweiler-Struthof mit etwa 700 Häftlingen aus ganz Europa. Diese wurden unter ständiger Todesgefahr auf dem Offenburger Bahngelände eingesetzt. Besonders menschenverachtend war die „Aufgabe“ der Gefangenen. Sie waren zum Entfernen von Bombenschäden und Blindgängern auf dem Bahngelände gezwungen worden.
Die Schüler Mika, Anna, Karla und Theo trugen die Namen der 41 Ermordeten vor. Sergej Smelkow, Frank Stern etwa, nur wenige konkrete Namen von Millionen Opfern des Nazi-Regimes. „Es soll eine etwas andere Form des Gedenkens sein, ein Actionbound“, also eine mehrschichtige Erinnerung, so die Rektorin der Erich-Kästner-Realschule Sabina Wadenpohl und Geschichtslehrer Daniel Doll. Das Geschehen wurde in den Unterricht aufgenommen, Schüler werden dabei durch den Stadtteil geführt, um ihnen Information und Denkanstöße direkt vor Ort zu vermitteln.
Versöhnung
Aber auch die Möglichkeit der Versöhnung wurde an diesem Abend angesprochen. Denn „Die Versöhnung mit dem Bösen erklärt die Bereitschaft zur Versöhnung. Vergeben ist nicht möglich“ zitierten die Schüler Leon Weintraub, Überlebender der Judenvernichtung. Auch an die gebürtigen Offenburger Juden, Eva Mendelssohn und Inge Auerbacher, wurde erinnert. Ihnen sei es bis heute stetiges Anliegen, die geschichtlichen Ereignisse in der Erinnerung zu behalten, um daraus Lehren für das Heute und Morgen zu ziehen.
Mit den Lehrern Daniel Doll und Andreas Deges habe man bereits das Text- und Bildarchiv digitalisiert. „Jeder ist mitverantwortlich für das, was geschieht, und für das, was unterbleibt“, mahnt die Aussage des Schriftstellers Erich Kästner. Nach der Gedenkstunde gab es die Möglichkeit, weitere Gedenkpunkte im Stadtteil zu besuchen „um zu erfahren wie Lehrkräfte und Schüler im Rahmen eines gemeinsam entwickelten Actionbounds die Erinnerungskultur erlebbar gemacht haben“, so Doll. Dabei arbeiten die Schüler mit aktuellster Technik wie etwa GPS-Datei und QR-Codes.
Die Gedenkfeier wurde musikalisch vom „Trio Delisch“ (Birgitta Scherhans, Viktoria Livchits und Andreas Deges) umrahmt. „Das soziale Gedächtnis geht auf maximal drei Generationen zurück“, hatte Geschichtslehrer Daniel Doll recherchiert. Es beteiligten sich etliche Interessierte am Rundgang bis hin zum Bahnhofsgelände.