"Entscheidung im Hinterzimmer"
Während die Stadtverwaltung den frisch gekürten Investor für das neue Einkaufszentrum OFB/MIB über den grünen Klee lobt, zweifelt der unterlegene Bieter die städtische Entscheidung an. Jean Jacques de Chapeaurouge von der Norddeutschen Grundvermögen spricht von einer »Hinterzimmerentscheidung«, die fachlich nicht nachvollziehbar sei.
Offenburg. Die Kritik, die Jean Jacques de Chapeaurouge nach der Zuschlagsentscheidung für das Einkaufszentrum an den Bieter OFB/MIB äußert, könnte deutlicher nicht sein. Der Sprecher der Geschäftsführung des Hamburger Projektentwicklers Norddeutsche Grundvermögen, der das gesamte Verfahren in Offenburg begleitet hat, kann die Entscheidung des Gemeinderats vom Montag fachlich nicht nachvollziehen.
Nach Meinung von de Chapeaurouge, der am Montag bei der Entscheidungsbegründung im Gemeinderat anwesend war, sind bei dem Siegerentwurf die Zielvorgaben der Stadt nicht erfüllt. Die Anbindung des Centers in Richtung Bahnhof existiere bei dem Entwurf von OFB/MIB nicht. Nördlich des zu entwickelnden Areals gebe es einen »Cut«. Die Hinterhofatmosphäre bleibe dort erhalten, die stadtplanerische Weiterentwicklung, die in der Ausschreibung gefordert war, fehle komplett. Außerdem seien topografische Höhenunterschiede nicht ausreichend berücksichtigt worden und die Stadthalle sei so entfremdet, dass sie als Solitär dastehe, »was sie historisch gesehen nie war«.
Tragweite war nicht klar
»An den Begründungen der Fraktionen in der Sitzung am Montag habe ich erkannt, dass die Information der Stadträte hätte umfangreicher sein müssen.« Sie hätten nur das nachgebetet, was ihnen die Verwaltung gefiltert vorgelegt habe. Bei anderen Verfahren finde eine intensive Auseinandersetzung auf breiter Basis – auch mit den Entscheidungsträgern statt. In Offenburg dagegen hätten die Bieter nur mit der Oberbürgermeisterin, dem Baubürgermeister, der Sparkasse und diversen Beratern reden können, sagt de Chapeaurouge. Das Gespräch mit den Räten habe leider nicht stattfinden sollen. »Die Personen, die am Montag in der Sitzung sprachen, habe ich vorher nie gesehen.«
Den Siegerentwurf vergleicht der Unternehmenssprecher mit einem Disney-World-Konzept. Die Norddeutsche Grundvermögen hätte sich in ihrem Entwurf dagegen Gedanken gemacht, wie man den historischen Charakter einer Zähringerstadt aufgreifen könne. Widersinnig sei, dass die Gebäudestruktur als kleinteilig verkauft werde, obwohl der Komplex nur aus großen Baukörpern bestehe. »Warum will die Stadt große Flächen wie bei Fachmarktzentren auf der Grünen Wiese mitten in der Stadt haben?« – Damit bekomme man kein attraktives Angebot hin, ist sich de Chapeaurouge sicher.
500 000 Euro an Kosten
Ein Nachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer werde das Unternehmen trotz der vielen Kritikpunkte nicht anstreben. »Wir sind ein Privatunternehmen und möchten dafür keine Manpower binden«, sagt de Chapeaurouge, auch wenn seine Firma das Engagement in Offenburg rund 500 000 Euro gekostet habe.
Auch ECE-Projektentwicklerin Sandra Harms sieht keinen Anlass, nach der Entscheidung rechtliche Schritte einzuleiten. Anders als die Norddeutsche Grundvermögen fühlt sich Harms von der Stadt fair und partnerschaftlich behandelt. Zu den entstandenen Kosten wollte sie sich nicht äußern. Und auch zu dem Siegerentwurf gab es keinen Kommentar.
Beide unterlegenen Bieter gratulierten übrigens trotz ihrer Enttäuschung dem Sieger OFB / MIB. De Chapeaurouge: »Jede Veränderung tut Offenburg gut.«
Basis für die Abstimmung für den Zuschlag im Gemeinderat war eine Bewertung nach Punkten. Stadtverwaltung und Vergabekommission haben damit überprüft, inwieweit die Kriterien der Ausschreibung erfüllt wurden. Maximal waren 1000 Punkte zu vergeben. Nach OT-Informationen landete der Siegerentwurf von OFB / MIB mit rund 850 Punkten auf Platz eins, die Norddeutsche Grundvermögen bekam rund 600 Punkte und ECE / Strabag landete bei etwa 400 Punkten. Folgendermaßen wurde gewichtet: städtebauliches Konzept 40 Prozent, Handelskonzept 35 Prozent, Betriebs- und Finanzierungskonzept 18 Prozent und der Kaufpreis für das Sparkassen- und Stadthallenareal sieben Prozent.
Der Bieter ECE landete dem Vernehmen nach deshalb so weit hinten, weil er unter anderem einen zu kleinen Supermarkt geplant hatte. Dies wollte der Planer durch ein ergänzendes Angebot an frischen Lebensmitteln in einer Markthalle, die in der Stadthalle untergebracht werden sollte, ergänzen.