Einmal Hollywood und zurück
Mit „Salemonia“, einem soliden Marsch klassischer Prägung, jedoch erst 2006 anlässlich des Schlossseefestes in Salem komponiert, eröffnete der 62 Musiker starke Musikverein Ohlsbachs unter der Leitung von Andreas Stiglmeier sein „Muttertags-Konzert“ in der mit fast 400 Gästen vollbesetzten Brumatthalle.
Schon hier wurde deutlich: Es handelt sich um eine perfekt durchzeichnete, auch noch in der letzten Reihe in der für Konzerte akustisch nur bedingt geeigneten Halle und für Freizeitmusiker mit nicht zwingend zu erwartender Präzision auffallend transparente Spielweise. Die Töne kamen gestochen scharf an, brillant und luftig, füllten den kompletten Saal und nahmen das Publikum in die Arme.
„Erwartungen gestiegen“
Fast so, als wollte er den musikalischen Beweis noch vor seiner theoretischen Behauptung angetreten haben, erläuterte Dirigent Stiglmeier in seiner Begrüßungsrede, dass es heutzutage für Musikvereine nicht mehr ausreiche, ein paar Märsche und Polkas abzuspulen, sondern dass sie auch konzertante Qualität liefern müssten. Die Erwartungen seien auf beiden Seiten gestiegen, sowohl beim Publikum als auch bei den Musikern selbst.
Dass diese nicht nur Lust dazu, sondern „es drauf haben“, servierten sie gleich im nächsten Vortrag, der schon mit seinen ersten Tönen das soeben Gesagte wie einen pfählernen Maßstab in den Raum setze: „The thrilling life of a Hero“, vom Leiter unter anderem des Großen Harmonieorchesters der Europäischen Gemeinschaften Jean-Pierre Haeck komponiert, ließ mit seinem orchestralen Charakter die Zuhörer den Raum um sie herum vergessen. Das an opulente Filmmusiken erinnernde Werk trug sie allesamt auf seinen breiten Klangflächen in die bilderreiche Gefühlswelt eines großen Kinos á la Hollywood.
Erst das Ende, umspült von zugleich hochachtendem wie begeistertem Applaus, ließ die Illusion schwinden, irgendwo auf einer internationalen Revue-Bühne zu sein und nicht in der Ohlsbacher Brumatthalle.
Nach der Pop-Ballade „Up where we belong“, ursprünglich gesungen von Joe Cocker und Jennifer Warnes im Film „An Officer and a Gentleman“, deren Text behauptet „Die Liebe bringt uns dorthin, wo wir hingehören, wo die Adler weinen, auf einem hohen Berg“, und den beiden Jung-Solisten Anna Hoferer und Silas Link, wechselt die Szene vom leidenschaftlich Liebenden zum unverbindlich Beschwingten, dem „Abzappeln“ aller Sorgen und Nöte der 1920er Jahre, dem Charleston.
Entsprechend schwungvoll präsentiert und alle (über fast 20 Meter Bühnenbreite verteilten) Instrumentalisten auf die Millisekunde perfekt synchronisiert, konnte das Publikum diesmal in eine andere, trotz „Golden Twenties“ nicht unbedingt bessere Zeit, reisen. Und dann prompt zurück in die Gegenwart.
Alle in Hochspannung
Im zweiten Teil, nach Speis und Trank und dem „Graf Lambert Marsch“ mit Schwierigkeitsgrad 5 (Höchststufe), kamen die Ehrungen in Bronze, Silber und Gold für Verdienste, langjährige Treue und besonderes Engagement. Um danach gleich wieder alle in Hochspannung zu versetzen mit „Funk Attack“, einer Komposition aus einem extrem rhythmusbetonten, von Schlagzeug, Percussions und Bass dominierten Genre, das mit seinen spitzen, staccatoartigen Bläsersätzen à la „Earth Wind & Fire“ beziehungsweise „Phoenix Horns“ den großen Blasorchestern mit zum Teil langen und schwerfälligen Luftsäulen in den Instrumenten fast diametral entgegengesetzt zu sein scheint. Insofern war die Herausforderung groß, das Ergebnis beachtlich, der Applaus üppig – auch für das Schlagzeugsolo von Jakob Hoferer, der über zwei Minuten ganz allein die Saalstimmung verantwortete.
„Zeitlos“ musste er sich womöglich dabei gefühlt haben, so der Titel des vorletzten Stücks, einer Polka, gefolgt vom Finale symphonischer Highlights der Gruppe „Queen“.
Ganz klar, dass dies nicht die letzten Vorträge blieben und Zugaben gefordert wurden, einem Medley von Nena-Songs und „I love Rock’n Roll“, mit dem der Musikverein den ohnehin keinesfalls kühlen Saal noch einmal richtig einheizte.