Hervorragendes Zusammenspiel

Das war bei der Kammermusik an der Kinzig in Weier geboten

Von Barbara Puppe
Lesezeit 4 Minuten
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09. January 2025
Spielten Klavier vierhändig am Dreikönigstag (von links): Sandra Urba und Anna Anstett mit Frank Wellhöner.

Spielten Klavier vierhändig am Dreikönigstag (von links): Sandra Urba und Anna Anstett mit Frank Wellhöner. ©Barbara Puppe

Beschwingter Jahresauftakt bei Kammermusik an der Kinzig: Unter dem Titel „Von Wien nach Bayreuth“ präsentierten die Pianistinnen Anna Anstett und Sandra Urba Klassiker der vierhändigen Klavierliteratur.

Als hätten die Kammermusikfreunde nach der Weihnachtspause nur auf das Neujahrskonzert am Dreikönigstag gewartet: Das ökumenische Gemeindezentrum Weier war zur Matinee-Veranstaltung restlos ausgebucht. Bereits beim letztjährigen Neujahrskonzert hatten die beiden Musikerinnen Anna Anstett und Sandra Urba ihr Publikum begeistert. Den Auftakt bildete dieses Mal die Sonate für Klavier zu vier Händen in D-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart.

Das Werk ist eine Jugendsonate: Mozart lernte von seinem Vater Leopold, der selbst ein bedeutender Komponist war. Er nahm den 14-jährigen „Wolferl“ mit auf eine Konzertreise nach Italien und kutschierte das Wunderkind in der Folge von Fürstenhof zu Fürstenhof durch Westeuropa. Opernaufträge und Ehrungen ließen nicht auf sich warten. Das Stück war Mozarts Schwester Maria Anna, genannt „Nannerl“, gewidmet, mit der er es erstmals aufgeführt hat.

Gastgeber Dekan i. R. Frank Wellhöner ordnete die Musik sachkundig in die Historie und den Zeitgeist ein. Dieser wertete viele Sonaten eher als „Gelegenheitsmusik“ und Experimentierfeld für Stilübungen. Die Werke stünden oft einer träumerischen Phantasie nahe. Mozarts Musik reflektierte die Freude des jungen Komponisten am Gesellschaftsspiel, an Maskeraden und Sprachwitz. Das sprang schon damals über. Auch das Publikum in Weier spendete Beifall.

Eine ganz andere musikalische Wirkung hatte Franz Schuberts Fantasie in f-moll, nicht weniger großartig interpretiert von den beiden Pianistinnen. Der Komponist hat sie seiner jungen Klavierschülerin und späteren Freundin und Muse, der ungarischen Adligen Caroline Esterhazy, gewidmet, vermutlich seine zweite große, aber gesellschaftlich unerreichbare Liebe. Vielleicht war Schubert auch deshalb von Trauer und Melancholie heimgesucht.

Die f-moll Fantasie in vier Sätzen ist von tiefer Resignation durchzogen, endet jedoch mit einer Fuge. Unversöhnlicher Schmerz wird hörbar, das sich wiederholende Thema hat schreitenden Charakter – das musikalische Bild eines Wanderers, der schwermütig durch die Lande zieht. Die Wendung nach F-Dur beschwört die schöne Erinnerung an die Jugend herauf, bevor das Schicksal hereinbricht.

Ob Dur oder moll, presto oder getragen, die beiden Musikerinnen beeindruckten durch technische Brillanz und perfekte Harmonie, ihre Finger flogen über die ganze Breite des Bechstein-Flügels und entlockten dem Instrument das gesamte Spektrum hoher und tiefer Töne mit unglaublichem Tempo und der Präzision eines eingeübten Zusammenspiels. Anna Anstett und Sandra Urba kennen sich seit vielen Jahren, ihr erstes gemeinsames musikalisches Projekt war hingegen erst 2021. Beide sind gefragte Konzertpianistinnen und vielfach ausgezeichnet.

Das Konzert steigerte sich noch einmal in der Ouvertüre zur Romantischen Oper „Tannhäuser“ von Richard Wagner, uraufgeführt 1845 in Dresden, ebenso aufgeführt 1860 im Markgräflichen Opernhaus in Bayreuth noch vor Beginn der Wagner-Festspiele 1876. Wellhöner skizzierte: Der Minnesänger Tannhäuser hat sich im Venusberg der sinnlichen Liebe hingegeben, wodurch er nach den Moralgesetzen der Zeit vom Fürsten verdammt wird. Im Sängerwettstreit um die Hand der Nichte des Landgrafen hat er deshalb keine Chance. Er wird des Landes verwiesen, pilgert reumütig nach Rom, doch der Papst verflucht ihn. Am Ende wird er durch die wahre Liebe Elisabeths und ihrer beider Tod erlöst.

Die Ouvertüre beginnt mit dem Pilgerchor, der mächtig anschwillt und leise verklingt. Der Mittelteil führt mit schwirrenden Klängen in die wollüstige Atmosphäre des Venusbergs, dann meldet sich das fromme Thema des Pilgerchores, schließlich siegt die göttliche Liebe über die Verweigerung der Gnade des Papstes. Nach diesem Finale gab es tosenden Applaus für die großartige Leistung der Pianistinnen, die den Konzertvormittag nachweihnachtlich besinnlich ausklingen ließen mit dem Abendlied aus Engelbert Humperdincks spätromantischer Oper „Hänsel und Gretel“.

INFO: Die nächste „Kammermusik an der Kinzig“ ist am Sonntag, 23. März, um 11.15 Uhr im Gemeindezentrum Weier, Klavier und Violoncello mit Daniela Tsekova.

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