Berthold Bier nimmt sein Publikum mit auf eine bierische Reise
„Ich will mich hier einbringen, ein paar Lieder singen, etwas Besseres habe ich nicht gelernt“, schmetterte der Kabarettist Berthold Bier seinem Publikum entgegen, nachdem er sich zunächst kabelsortierend auf der Bühne über das harte Los des Alleinunterhalters beschwert hatte, der eben alles allein machen muss. Dabei wusste der vom Kulturförderverein Bohlsbach geladene Wiederholungstäter schon, worauf er sich eingelassen hatte, und ließ das Eis bereits zu Beginn der Veranstaltung schmelzen – wenn es denn überhaupt jemals existiert hatte.
Komplett verschwunden war es spätestens, als Bier, der gerne seinen Namen aufs Korn nimmt, "der übrigens nicht mein Künstlername ist, sondern mein eigener", das Publikum mit schüttelreimenden Spruchkreationen befeuerte. „Der Männerchor trinkt Bier vom Fass, besoffen sind schon vier vom Bass“, sorgte ebenso für Lachsalven wie das „kranke Nierenbecken, das nicht von Bieren zu necken“ ist.
Medizinische Wirkung
Mit Schalk im Nacken rühmte der Kabarettist Hildegard von Bingen, die bereits im zwölften Jahrhundert die medizinische Wirksamkeit von Bier in ihren Werken erwähnte. Augenzwinkernd warnte er mit erhobenem Zeigefinger: „Mit des Bieres Hochgenuss wächst des Bauches Radius“. Mit gesteigertem Eigenhumor und halsbrecherischer Wortakrobatik erzählte er von seinen Vorfahren aus dem Odenwald, die neben dem Saarwald ab und zu Bier brauten.
So arm seien sie gewesen, dass sie ihre Kinder in den Wald schicken mussten, und so sei das Märchen "Hänsel und Gerstel" (nicht Gretel!) entstanden. „Seien Sie froh, heute hier zu sein, und die Wahrheit über das Märchen zu erfahren“, sagte Bier, bevor er das Publikum in der Bohlsbacher Festhalle in ein fantasievoll schäumendes Abenteuer entführte, bei dem das Geschwisterpaar auf eine bierische Reise geht und dabei das Rothaus verlässt, den Fürstenberg besteigt und ins Clausthal blickt.
Viele Wortspiele
Nach weiteren bierlastigen Zitaten aus den Mündern von Goethe, Luther und Bismarck machte Bier jedoch deutlich, dass es in seinen Liedern nicht nur um den Gerstensaft geht. Seit seiner Jugend pflegt er eine enge Verbindung zu den Liedern großer Künstler wie Reinhard Mey, Marius Müller-Westernhagen, Peter Maffay oder Udo Lindenberg. Mit Charme und Originalität interpretierte er ihre Stücke mal in den Originaltexten, mal in eigener wortspielerischer Abwandlung. Da wird gegen den Blockwart in der Nachbarschaft gewettert, der seinen Dobermann auf spielende Kinder loslässt.
Nerv getroffen
Auch widmet Bier seiner eigenen Brille eine doppeldeutige Liebesode. Sie erhält ihm zwar den Durchblick, doch selbstkritisch bekommt er beim Blick in den Spiegel sein eigenes Fett weg. Letzterer hält ihm erbarmungslos den nagenden Zahn der Zeit vor. Zum Glück „sieht ein Spiegel alles, aber er behält es für sich…“
Der Kulturförderverein Bohlsbach hat mit der Einladung von Berthold Bier und dessen Programm "Bier-Art" durchaus den Nerv seines Publikums getroffen, das sich bereits in der Pause die Lachtränen abwischte. Mit einem feinen Gespür für Humor machte der Kabarettist auch makabre Themen salonfähig und bescherte einen unterhaltsamen Abend voller Lieder und Geschichten.
„Regt auch zum Nachdenken an“, so eine Bohlsbacherin, die in der Pause lieber einen regionalen Wein genießt. „Bier ist nicht so meins, aber der Berthold, der bringt das Publikum zum Schäumen und zum Gären.“