Lahr

Kleinkrieg der Hobbygärtner

Corina Wießler
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07. March 2014
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»Gepflegte Wildnis« nennen die Pächter die Strukturen in der Kleingartenanlage, die Stadt behauptet: »Die Pächter machen, was sie wollen.« Im Vordergrund ein Teil der gefällten Bäume.

»Gepflegte Wildnis« nennen die Pächter die Strukturen in der Kleingartenanlage, die Stadt behauptet: »Die Pächter machen, was sie wollen.« Im Vordergrund ein Teil der gefällten Bäume. ©Mathias Kucher

Eine Baumfäll-Aktion im Februar im Ernet-Krummhalde-Areal scheint momentan der Höhepunkt im Kleinkrieg der Hobbygärtner mit ihrem Vorstand und der Stadt Lahr zu sein. Doch die Geschichte nimmt schon ein paar  Jahre früher ihren Anfang.

Vor 30 Jahren war das Areal Ernet-Krummhalde eine wilde Idylle, auf der es nur ein paar Privateigentümer gab. Eine Handvoll Kleingärtner durfte sich, nachdem sie die städtische Auflage der Vereinsgründung erfüllt hatten, das Gebiet urban machen. Die einen ernteten Ertrag in Form von Gemüse, die anderen in Form von Pacht –  und alle waren zufrieden. Das war 1980.

30 Jahre später, 2010, der alte Generalpachtvertrag lief aus, hätten neue Verhandlungen angestanden. »Der damalige Vorsitzende Waldemar Micheilis hat es verpennt, die Verlängerungsoption zu ergreifen«, behauptet eine langjährige Pächterin und Mitbegründerin der Interessengemeinschaft (IG) der Klein- und Hobbygärtner. »Wäre das nicht passiert, gäbe es das ganze Affentheater wie die Baumfäll-Aktion erst gar nicht.«

Doch zunächst blieb alles beim Alten. Die einen harkten, die anderen kassierten. Im Frühjahr 2011 kündigte die Stadt Lahr an, die Pachtabgaben für städtische Kleingärten auf Empfehlung der Haushaltsstrukturkommission auf 15 Euro pro Ar ab November 2011 zu erhöhen. Damit hat sich der ursprüngliche Betrag nahezu verdoppelt.

Verzögerungstaktik
Doch anstatt die Nachricht sofort an die IG-Mitgliedern weiterzugeben, wie von der Stadt gewünscht, wartete Micheilis die Hauptversammlung im November ab. »Hätten wir die wichtige Info schon früher gehabt, wäre auch das Problem mit dem nicht mehr existierenden Generalpachtvertrag zu Tage getreten. Die vollendeten Tatsachen sorgten für einen Wechsel in der Führungsspitze mit Waldemar Batischew als neuem Vorstand und Martin Jeske als sein Vize.

2012 wirft auch Batischew das Handtuch. Ihm folgt Jeske auf den Chefposten. In dessen Amtszeit fällt eine so genannte Verzichtserklärung auf das Gelände, die der amtierenden IG-Vorstand Martin Jeske ohne vorherige Absprache mit den IG-Mitgliedern an die Stadt schickte.

Eine eigenmächtige Entscheidung, vermutet Mathias Kucher. Dass sich ein Appenweirer in die Belange der Hobby- und Kleingärtner einmischt, liegt daran, dass Kuchers Mutter zu den Gründungsmitgliedern der IG gehört. Überhaupt erweckte der Vorstand den Eindruck, nicht im Interesse seiner Mitglieder zu handeln, stellt Kucher in den Raum.

Doch für die Stadt kam diese Erklärung gerade recht, plante sie doch, das Gebiet doch schon seit längerer Zeit frisch zu parzellieren und an neue Interessenten vergeben. Dazu sollte es von den Vorbesitzern »besenrein« zurückgegeben werden. Schließlich waren die »alten« Pächter schon 2011 negativ aufgefallen, nachdem Günther Crefeld von der Städtischen Abteilung Liegen- und Landwirtschaften 2011 die Kleingartenanlage besichtigt hatte. Er stellte dabei fest, dass rund 20 der 40 Gärten »nicht in Ordnung sind«. Und damit die »zu großen Hütten« und »zu hohen Bäume« meint. Überhaupt machen die Kleingärtner, was sie wollen, lautete das Fazit.

Und so kamen die Bäume ins Spiel. Wild gewachsen oder unzulässig gepflanzt seien diese und stellten aufgrund ihrer Größe und Beschaffenheit ein Sicherheitsrisiko dar, hieß es von Seiten der Stadt. Daher mussten sie weichen oder warten – bereits markiert – aufs Abholzen. »Aber in Wirklichkeit zerstört die Stadt das Lebenswerk vieler alter Pächter, um diese zu vertreiben«, ist Kucher überzeugt. Auch die rechtliche Unsicherheit, wie es weitergeht, soll die langjährigen Anlieger zum Weichen bewegen.

Einmischung von oben
Die Affäre zieht über Zäune und Hecken hinweg immer weitere Kreise. Claus Vollmer, Fraktionssprecher der Grünen Lahr bat in einem offenen Brief Oberbürgermeister Wolfgang G. Müller (SPD), den Technischen Ausschuss in der nächsten Sitzung umfassend zur Situation im Ernet-Krummhalde zu informieren und die städtischen Anordnungen und Maßnahmen zu begründen.

STICHWORT

Krisen-Sitzung

Jetzt ruhen die Hoffnung von Kucher und dem letzten IG-Gründungsmitglied auf der heutigen außerordentlichen Sitzung, 14 Uhr, im Vereinsheim »Grille«. »Der alte Generalpachtvertrag inklusive sämtlichen Änderungen, das Verzichtsschreiben des Vorstands Martin Jeske sowie der aktuelle Verhandlungsstand des jetzigen Gemeinderats sollen auf den Tisch kommen«, listet die langjährige Pächterin die Forderungen auf.

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