"Zuhause – und nun?"

Gedichte können gute Freunde sein

Silke Keil
Lesezeit 3 Minuten
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20. April 2020

Max und Moritz, hier in einer Ausgabe von 1951, ist eine der bekanntesten Geschichten in Gedichtform. Sie zu lesen, ist gerade jetzt lohnenswert. ©Daniel Naupold

Kein Kino und keine Kunst-Ausstellung. Kein Spielplatz und kein Schwimmbad. In der Coronazeit können bei Groß und Klein die freien Stunden schon mal lang werden. „Zuhause – und nun?“ Antworten für jedes Alter liefert täglich das Team des Lahrer Anzeigers. Dieses Mal gibt die freie Redakteurin Silke Keil einen Tipp.

Ich bewundere meine Großmutter. Sie war eine starke Frau. Sie wurde 100 Jahre alt, obwohl sie im Krieg fast verhungert wäre und mit 76 Jahren überfahren wurde. Nach dem schweren Unfall musste sie unzählige Wochen in Krankenhäusern verbringen, in denen sie aufgrund ihrer schlechten Augen weder lesen noch fernsehen konnte. Doch über Langeweile hat sie sich nie beklagt. 

Sie rezitierte Gedichte. Sie kannte viele auswendig, murmelte sie gegen die Ödnis weißer Wände und die Schwere wolkenverhangener Himmel an: „Er ist's“ aus der Feder von Eduard Mörike, „Sehnsucht“ von Joseph von Eichendorff wie auch das „Heidenröslein“ von Johann Wolfgang von Goethe, noch ehe letzteres im Genderkonflikt seinen Glanz verlor. 

Romane oder Erzählungen lassen uns an Schicksalen teilhaben. Gedichte jedoch sind wie Freunde, da sie ausdrücken, was wir empfinden, und damit bedeuten: Du bist nicht alleine. Jemand ist mit dir, auch wenn seine Gefühle den deinigen viele Jahre vorausgingen. Wir sind gehalten in unseren Gefühlen, in der Freude wie in der Trauer, in Sehnsucht und Wut, Hoffnung und Verzweiflung.

Wenn ich in den Corona-Tagen alleine auf dem Balkon stehe und ins Grüne schaue, so dringen immer wieder Verse von Rainer Maria Rilke an mein Ohr: „Einmal, am Rande des Hains, steh'n wir einsam beisammen und sind festlich wie Flammen – fühlen – alles ist eins.“ Die Wort sind wir eine warme Umarmung. Die letzten Zeilen des Gedichts kann ich anschließend voll bejahen: „Und wir sind nicht mehr zag. Unser Weg wird kein Weh sein, wird eine lange Allee sein aus dem vergangenen Tag.“

Mit Humor

Als Einstieg in die Welt der Gedichte eignen sich Anthologien wie „Des Sommers letzte Rosen“ von Dirk Ippen. Und auch das Internet bietet die Möglichkeit, die größten Dichter kennenzulernen. 

Neben Rilke stimmt mich auch Mascha Kaléko mit Gedichten wie „Was man alles so überlebt“ heiter. Es sind Zeilen voller hintergründigen Humors, der die beengten Räume dehnt und die Krisentage würzt. Lohnenswert ist auch Wilhelm Busch, der neben Max und Moritz noch viele weitere Mehrzeiler geschrieben hat, oder Christian Morgenstern mit seinem geistreichen Ulk. Ein Beispiel: „Auf einem Wandkalenderblatt ein Leu sich abgebildet hat. Er blickt dich an, bewegt und still, den ganzen 17. April. Wodurch er zu erinnern liebt, dass es ihn immerhin noch gibt.“ Was beweist: Wir sind nicht allein.

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