Islam: Reformbewegung startet Info-Kampagne

»Muslime für Frieden«: Die Ahmadiyya Muslim Jamaa will in den kommenden Wochen mit Flyern, Infoständen und Infoveranstaltungen ihre Botschaft von Frieden, Freiheit und Loyalität zum Heimatland, zu Demokratie und Rechtsstaat verbreiten. ©Klaus Körnich
Sie sehen sich als Reformbewegung des Islam, bekennen sich zu Frieden, Freiheit, Toleranz und betonen ihre Loyalität gegenüber Demokratie, Rechtsstaat und dem deutschen Staat: Die islamische Gemeinde Ahmadiyya Muslim Jamaat hat gestern in Kehl eine ortenauweite Info-Kampagne »Wir sind alle Deutschland« gestartet.
Die Ahmadiyya Muslim Jamaat (AMJ) ist nach eigener Aussage eine islamische Reformgemeinde von rein spirituellem Charakter, unabhängig von Ethnien und Regierungen. Sie hat in Deutschland mehr als 45 000 Mitglieder in rund 220 Gemeinden. Im Kreis hat die Gemeinde ihren Sitz in Lahr und hat 63 Mitglieder, die aus dem gesamten Landkreis, auch aus Kehl, kommen. In Hessen bekam die Gemeinde 2013 als erste muslimische Gemeinde den Status einer Körperschaft des Öffentlichen Rechts zugesprochen. Gewalt lehnen sie als unmuslimisch ab. »Liebe für alle, Hass für keinen« lautet der Kerngedanken der Glaubensgemeinschaft.
»Es ist kein Widerspruch, Muslim und ein loyaler deutscher Staatsbürger zu sein«, betonte gestern Kamal Ahmad, stellvertretender Sprecher der AMJ Baden-Württemberg, zum Start der Kampagne »Wir sind alle Deutschland« in der Ortenau. Die meisten Gemeindemitglieder haben die deutsche Staatsbürgerschaft, viele von ihnen wollen sich einbürgern lassen. »Wir sehen es auch als Pflicht eines Muslims an, wählen zu gehen«, so Ahmad in einer Pressekonferenz im Kehler »Hotel Rosengarten«.
Heimatliebe und Loyalität
»Angesichts des im Namen des Islam verübten, unsäglichen Terrors in Großbritannien, Deutschland und an vielen anderen Orten fühlen wir uns als Muslime außerdem dazu verpflichtet, gezielt die muslimische Jugend über Heimatliebe aufzuklären und sie vor religiösem Fanatismus und Einfluss zu bewahren«, sagte er. Die Heimatliebe und die Loyalität gegenüber dem Land, in dem man lebt, sei »Teil des islamischen Glaubens«.
Über dieses »Kernelement der islamischen Lehre« wollen die Gemeindemitglieder von Juli bis September im Ortenaukreis informieren. Angesprochen werden soll die breite Bevölkerung: »Durch die Kampagne erhoffen wir uns, dass die Bürgerinnen und Bürger von der klaren Differenzierung zwischen Muslimen und fanatischen Extremisten erfahren und nicht aus Unkenntnis zu voreiligen Schuldzuweisungen und Vorurteilen neigen.
Denn dies wird nur zur Spaltung der Gesellschaft beitragen – was wiederum den Extremisten nur in die Hände spielt«, erklärte der AMJ-Sprecher. Doch nicht nur Nicht-Muslimen sollen mit der Informations-Offensive angesprochen weden: »Wir hoffen, auch Muslime aufzuklären und ihnen einen Gedankenanstoß zu geben, dass ihre Religion ihnen vorschreibt, sich loyal zu ihrem Heimatland zu bekennen, sagte Kamal Ahmad.
Von Juli bis September
Von Juli bis September läuft die Kampagne im Kreis. Es werden hier in 165 Ortschaften Flyer verteilt. In den großen Städten und Gemeinden, auch in Kehl, gibt es Info-Stände. In der Stadt am Rhein ist auch eine Infoveranstaltung mit Imanen und Theologen geplant. Die Termine werden noch bekanntgegeben. »Durch Bürgernähe wollen wir Ängste und Vorurteile abbauen«, so Ahmad. Die AMJ-Gemeinde organisiert ehrenamtlich Spendenaktionen für gute Zwecke, Blutspenden, Speisungen für Obdachlose, putzt nach Silvester die Straßen und engagiert sich in der Flüchtlingshilfe.
Hadhrat Mirza Ghulam Ahmad hat die AMJ 1889 gegründet. Ihn sieht die Gemeinde als Messias und Erneuerer des Islam an. Er war gegen jede Form von Gewalt und rief zum friedlichen Dialog zwischen den Religionen auf.
»Der Islam befindet sich in einer Phase der Dekadenz«, erklärte Ahmad gestern. Der spirituelle Wert der Religion sei verloren gegangen, manche Muslime würden fehlgeleitet. Es sei jedoch keine »Reform der Inhalte, sondern eine Reform der Muslime« notwendig. Der Dschihad werde von manchen Muslimen falsch interpretiert. Er sei kein Aufruf zur Gewalt. Das sei eine Fehlinterpretation.