Kehl

Frischekur für einen Klassiker in Kehl

Simona Ciubotaru
Lesezeit 4 Minuten
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13. January 2025
Von wegen höhere Gesellschaft: Eliza benimmt sich beim Pferderennen daneben. 

(Bild 1/3) Von wegen höhere Gesellschaft: Eliza benimmt sich beim Pferderennen daneben.  ©Ellen Matzat-Sauter

Das Theater der 2 Ufer das Musical führte beim Neujahrskonzert des Kehler Kammerorchesters den Musical-Klassiker „My Fair Lady“ auf: erfrischend anders, auf Badisch. Wie die Geschichte angelegt war.

Beim Neujahrskonzert des Kehler Kammerorchesters wurde in der Stadthalle, in Kooperation mit dem Theater der 2 Ufer das Musical „My Fair Lady“ aufgeführt. Wer kennt im Abendland nicht die herrlichen Arien des ältesten Musicals der Welt, My Fair Lady“, die aus der Feder von Frederick Loewe (Musik) und Alan J. Lerner (Texte und Libretto) entsprangen und, nach der Uraufführung im Frühjahr 1956, die Bühnen der Welt eroberten?

Objekt einer Wette

Der Klassiker vom Broadway, das 1961 seine erste deutsche Inszenierung in Berlin erlebte, ist eine Adaption von George Bernard Shaw Komödie „Pygmalion“. Im Musical trifft der misogyne (frauenfeindliche) Sprachforscher Professor Higgins zufällig auf Elisa Doolittle, die nur Cockney (Londoner Dialekt) sprechen kann. Sie wird zum Objekt einer Wette mit seinem Freund Oberst Pickering: Mithilfe seiner linguistischen Methoden soll Higgins in nur sechs Monaten das völlig ungebildete und ziemlich vulgär sprechende Blumenmädchen in eine Dame verwandeln, die von höheren gesellschaftlichen Kreisen angenommen wird. Das gelingt ihm nach einem erschöpfenden Training – aber es verwandelt auch ihn.

Laut eigener Aussage war es ein großer Traum des Künstlerpaares Ruth Dilles (Regisseurin und Intendantin des Theaters der 2 Ufer Kehl) und Andreas Dilles (Dirigent des Kammerorchesters Kehl), das Musical zu produzieren. „Aber mit einer brillanten Besetzung der Hauptrollen“, so Ruth Dilles, die auch Regie führte.

Mit „My Fair Lady“ wollte das Theater der 2 Ufer zudem einen neuen Höhepunkt als das führende Musiktheater der Region setzen. Die Idee, es gleich auf Badisch zu bieten, war fürwahr ein Geniestreich. Nach einem Jahr intensiver Arbeit wurde die Produktion ab dem Sommer 2023 tatsächlich zu einem Glanzlicht – sowohl schauspielerisch als auch musikalisch – und wurde acht Mal mit vollem Haus aufgeführt.

Andreas Dilles hat übrigens die gesamte Instrumentierung für eine kleinere Besetzung umgeschrieben.

Die neuen Arrangements gelangen ihm auch wunderbar, denn das souveräne Kammerorchester bekam dadurch eine andere Klangfarbe: Irgendwie den Touch eines Sounds aus alten Zeiten.

Um „My Fair Lady“ im badischen Dialekt zu spielen und singen, muss man Mut und Humor haben.

Es verlangte vorerst viel Fleiß von den ausländischen Künstlern in den Hauptrollen ab: als Eliza Doolittle die bezaubernden Straßburger Sopranistin Lilia Dornhof – welche sich auch als eine exzellente Schauspielerin entpuppte – und der Pariser Tenor Patrick Labiche als Alfred P. Doolittle.

Sehr schwer

„Das war für mich sehr schwer und es hat lange gedauert, bis ich Badisch sprechen konnte. Ich habe ständig geübt“, so die Sopranistin mit der Goldstimme, die in diese Zeit auch Mutter wurde. Auf der Bühne glänzte sie allerdings mit ihrem Können und Humor und begeisterte restlos das Publikum.

Labische erzählte: „Andreas Dilles hat mir die ganze Rolle im Dialekt vorgelesen und aufgezeichnet. Ich habe mir jeden Tag die Aufzeichnung angehört. Ein ganzes Jahr lang.“ Zu seiner exzentrisch und brillant gespielten Rolle des Vaters von Eliza sagt er: „Ich wollte nicht mehr der ewig junge Liebhaber sein, der romantische Tenor. Es hat mir daher viel Spaß bereitet, mal auch der Draufgänger mit Bierbauch und schlechten Zähnen, vulgär und frech zu sein“.

Auch für das Multitalent Norbert W. Großklaus, als Professor Henry Higgins, und Herbert Leidenheimer als Oberst Pickering, waren die Rollen kein Zuckerlecken.

„Das ist die größte Rolle, die ich je gespielt habe. Und mir eine Ehre“, gestand Großklaus im Gespräch mit der Kehler Zeitung. „Schauspielern und zugleich Singen, dabei drei lange Soli, in einem Auf und Ab der Gefühlsregungen, war etwas Neues. Professor Higgins ist ein furchtbarer Mann, ein Sexist. Wie er Eliza behandelt, seine Grobheit, die Wutausbrüche, mal laut, mal leise … das ist eine sehr komplexe Rolle“. Eine Rolle, die Großklaus mit Bravour spielte und das Publikum dabei regelrecht faszinierte. Herbert Leidenheimer ist über 80 Jahren alt – und eine Inspiration für jeden, mit seinem Charme und der Natürlichkeit auf der Bühne.

Kompliment auch an das Orchester! Und an die Darsteller für ihre schauspielerische Leistung und den Gesang (siehe Hintergrund). Die Künstler wurden am Ende des Abends lange gefeiert. Mit gutem Recht, bravo!

Hintergrund

Das weitere Ensemble

Regie: Ruth Dilles; musikalische Leitung: Andreas Dilles; Regie-Assistenz: Veronika Ottrubay; Bühnenbild: Christina Beilharz; Kostüme: Ruth Dilles; Maske: Uschi Wolf; Choreographie: Birgit Dehmer; Video: Veronika Ottrubay.

In weiteren Rollen: Markus Boschert als Freddy Eynsford-Hill, und als Mrs. Pearce, Higgins Hausdamen, Kiki Meder-Dehmer, Silvia Boschert, Silke Kreutzer-Bréhier und Birgit Dehmer. Außerdem Marianne Gerber als sehr humorvoll gespielte Mrs. Higgins. Ebenfalls: Oscar Beltran Gubia, als Prof. Zoltan Karpathy, und Silke Kreutzer-Bréhier, in Mrs. Eynsford-Hill, Freddies Mutter.

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