Achern / Oberkirch
Tanzwut hielt nur zwei Stücke lang
Michael Müller
05. July 2004
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Lateinamerika-Feeling versprach die Kulturnacht am Samstag zum Auftakt des Sommerfestes des Musikvereins Appenweier. Die Afro-Cuban City Big Band sorgte für die passenden Töne – nur das Publikum spielte nicht wirklich mit.
Appenweier. Es gehört zum guten Ton beim Musikverein Appenweier, den Besuchern zum Auftakt seines Sommerfestes was Besonderes zu bieten. Mal einen Spalt breit die Tür zu öffnen und zu zeigen, was es in der großen weiten Welt da draußen noch so an Klängen gibt. Und er tut gut daran: Schließlich sollte ein Musikverein nicht zuletzt die Liebe zur Musik insgesamt fördern und sich nicht auf Blasmusik allein festnageln lassen.
Allein schon in diesem Genre gibt’s eine große Bandbreite. Klänge, wie sie die Afro-Cuban City Big Band diesmal im Festzelt auf dem alten Schulhof bot, kriegt man nicht oft zu hören. Und schon gar nicht in dieser Qualität.
Die über 20 Musiker sind alle Profis, und fast alle kommen sie aus der Freiburger Jazz-Szene. Mit ihrem Repertoire, das an die große Zeit des Mambo erinnert, der in den 50er-Jahren als Verschmelzung karibischer Rhythmen und satter Big-Band-Bläsersätze des Swing entstand, stehen sie in Europa ziemlich einzigartig da.
Und tatsächlich: Ihren Job machten sie mehr als anständig. Die vier Trompeter sorgten mit lustvollen Fanfarenstößen und ekstatischen Soli für funkelnde Strahlkraft in den Höhen, und wenn sie sich mit den vier Posaunen und den Saxophonen zusammentaten, ergab das eine höchst beeindruckende und beinahe omnipräsente »Wall of Sound«. Mal zackig, mal cool und elegant, mal geschmeidig, demonstrierten sie die ganze Bandbreite an Ausdrucksmöglichkeiten. Und in Bolero-Schleichern wie dem berückenden »La vida es un Sueno« (»Das Leben ist ein Traum«), einer Liebeserklärung an Kuba, das seinem Titel wahrlich alle Ehre machte, umschmeichelten sie den Gesang mit Hingabe und Zurückhaltung zugleich.
Dazu webte die Rhythmusgruppe um Bandleaderin Julia Diederich einen dichten Groove. Julia Diederich zeigte übrigens, dass sie nicht nur feinsinning die Timbales bedienen, sondern auch klasse tanzen kann: Als erste Zugabe zeigte sie zusammen mit Partner Juan René Laib eine traditionelle und höchst sinnliche Rumba.
Schade nur, dass die Besucher die Musiker über weite Strecken hängen ließen. Sie spendeten zwar freundlich Applaus, doch es wirkte mehr wie eine Pflichtübung: Obwohl Sänger Rainer Lenz sie mehrfach animierte, bequemte sich kaum einer zum Tanzen vor der Bühne.
Erst als er und Juan René Laib ein paar Damen aus dem Publikum zum Tanz baten, da kamen sie auf einmal alle hoch von ihren Bänken und weg von ihren Tischen, wo sie vielleicht vorher nur heimlich mit den Füßen gewippt hatten.
Doch ihre Tanzwut hielt nur zwei Stücke lang.
Irgendwie war’s ein Publikum wie bei einem ganz normalen Blasmusik-Konzert. Doch die Kulturnacht will ja was Besonderes bieten, und sie tut es ja auch.
Da darf man durchaus mehr Bereitschaft erwarten, sich einzulassen auf das, was von der Bühne kommt. Eine solche Gleichgültigkeit haben werder die Musiker noch die Organisatoren des Musikvereins verdient.