Publikum stimmt ab über das Für und Wider der Sterbehilfe
Mit dem Tod auf Verlangen beschäftigt sich Ferdinand von Schirachs Stück „Gott“. Das Theaterpublikum in der Offenburger Oberrheinhalle durfte am Ende der fiktiven Ethikratsitzung auf der Bühne seine Meinung zum Thema kundtun..
Ferdinand von Sirach beleuchtet in seinem Theaterstück „Gott“ die Argumente für und wider die Sterbehilfe, also den Tod auf Verlangen, aus der rechtlichen, medizinischen und religiösen Sicht. Regisseur Miraz Bezar entwickelte hierfür eine Podiumsdiskussion. Diese Situation ermöglicht es nicht nur, die Argumente auszutauschen, sondern auch den Mindestabstand für die Schauspieler einzuhalten.
Viel Bewegung gab es bei der Aufführung des Euro-Studios Landgraf am Freitagabend in der Offenburger Oberrheinhalle auf der Bühne also nicht. Das Stück fesselte durch seinen Inhalt. Bei den Akteuren wurden deutlich Klischees bedient. Da gab es zum einen den hemdsärmeligen Anwalt Biegler (Christian Meyer), ein Vertrauter und Freund von Richard Gärtner (Ernst Wilhelm Lenik). Der 78-jährige Architekt will nach dem Tod seiner Frau nicht mehr weiterleben. Der körperlich und geistig gesunde Mann kämpft dafür, das Mittel Pentobarbital zu erhalten, um aus dem Leben scheiden zu können.
Rechtliche Situation
Drei Fachleute nahmen zu seinem Anliegen Stellung. Aus rechtlicher Sicht stärkte Rechtsprofessorin Litten die Position von Richard Gärtner: Der Mensch hat das Recht sich selbst zu töten und dafür die Hilfe anderer in Anspruch zu nehmen. Susanne Theil schilderte dem Publikum die rechtliche Situation als Grundlage für seine Entscheidung.
Der Ärztevertreter Sperling berief sich auf den Eid des Hippokrates. Der Arzt sei verpflichtet zu helfen und dürfe niemandem schaden. Auch als Rechtanwalt Biegler ihm vorhielt, dass längst das Genfer Gelöbnis den Eid ersetze, wehrte sich Sperling gegen die ärztliche Beihilfe zum Sterben. Er verwies auf die Hilfestellung der Palliativmedizin und forderte, diese deutlich auszuweiten. Die Argumente, die ausgetauscht wurden, berührten auch gesellschaftliche Grund-ängste. Welche Gefahren ein Töten auf Verlangen perspektivisch mit sich bringen könnte, wurde mit Blick auf die Geschichte mehrfach angesprochen: Wie schnell könnte man wieder bei der Diskussion um unwertes Leben und der Euthanasie sein.
Bewegender Moment
Mit einem starken Auftritt überzeugte Klaus Mikoleit als Bischof Thiel. Auch wenn ihn ein fehlendes Selbststötungsverbot in der Bibel und das Erwähnen der Missbrauchsfälle zunächst in eine schwächere Position zu bringen schien, trumpfte er am Schluss auf. Es gelang ihm, als Aufgabe des Menschen zu umreißen, dass er mit der Bürde des Lebens zurechtkommen muss. Ein stiller, aber doch bewegender Moment. Eingebettet war die Podiumsdiskussion in ein feinfühlig umgesetztes Intro, das die Zuschauer an den Erinnerungen Richard Gärtners teilhaben ließ.
Am Ende wurden die 100 Zuschauer in der Oberrheinhalle zu Teilnehmern der fiktiven Sitzung des Deutschen Ethikrates und durften abstimmen. 70 Personen sprachen sich für eine Sterbehilfe für Richard Gärtner aus, 30 waren dagegen. Das Publikum bedankte sich anschließend mit begeistertem Applaus für die Gedankenanstöße und war sich sicher, dass die Diskussion über dieses schwierige Thema längst nicht abgeschlossen ist.