Die kürzeste Nacht des Jahres von Samstag auf Sonntag war auch eine sehr helle. Petrus hatte der Sonnwendfeier im Wäldchen des "Theaters der 2 Ufer" einen klaren Himmel beschert, so dass die Abendsonne den vielen Feiernden auch lange noch nach ihrem Untergang Licht spendete. Ruth Dilles vom "Theater der 2 Ufer" und Märchenerzählerin Katrin Bamberg ließen nach dem Vorbild der skandinavischen Länder die Bedeutung der Mittsommernacht spürbar werden.
"Es war eine spirituelle Erfahrung inmitten der Natur, wo wir uns mit unseren eigenen Wünschen und Träumen vereinen konnten", erzählt die Teilnehmerin Heike Wittkau-Zoschke begeistert. Mit Märchen und Meditation kreierten Ruth Dilles und Katrin Bamberg eine besondere Atmosphäre, in der sich die Teilnehmer mit ihrem eigenen Ursprung verbinden konnten.
Große Dynamik
Katrin Bamberg erzählte von einem Rosengarten in den Dolomiten und holte Zaubermärchen aus ihrer Schatztruhe, die viele emotionale Situationen menschlichen Alltags spiegelten. Wie die Geschichte eines Jünglings, der die Gutgläubigkeit seiner Angebeteten ausnutzt – eine Dynamik zwischen Liebe, Vertrauen und Manipulation.
Auch in ein Königsmärchen zum Thema Aufbruch spann sie die gespannt lauschenden Teilnehmer ein. "Denn viele von uns haben in diesen Tagen Reiselust", sagt die Märchenerzählerin aus Eckartsweier im Gespräch mit der Kehler Zeitung. "Es ist die schönste Zeit des Jahres – eine Zeit der Fülle, der Freude und des Sich-Öffnens." Die Natur sei jetzt explosionsartig unterwegs. Viele Früchte reifen und das Johanniskraut, das laut überlieferter Mythologie die bösen Geister vertreibt, ist in voller Blüte. Auch in anderen Heilkräutern sei jetzt die ganze Energie des Frühjahrs gebündelt.
Siegreiche Hagebutter
Die Teilnehmer lernten auch die Symbolik der Hagebutten kennen, die sogar die stärksten Ritter besiegen sollen. Mit dem Teufel und der Heckenrose durfte auch eine dunkle und mystische Note den Abend bereichern. Die Besucher der Sonnwendfeier waren am Ende überzeugt: Für alles ist ein Kraut gewachsen.
"Auch eine Meditation und eine anschließende Begegnung mit der Schicksalszahl, eine Blumenorakelkarte, deren Bedeutung ein kleiner Wegweiser für die nächsten Monate sein soll, durften an diesem bedeutungsvollen Abend nicht fehlen", schildert Heike Wittkau-Zoschke. "Sonnenkräuter", die die Teilnehmer vor der Feier gesammelt hatten, wurden zunächst als Mandala angeordnet und später zu einem Sträußchen gebunden. "Diese sollen insbesondere in den dunklen Stunden Schutz vor Unheil bieten und uns auf unserem Weg begleiten", erläutert Wittkau-Zoschke.
Uraltes Brauchtum
Einer der vielen Höhepunkte war ein Feuerritual. Es ist Teil eines alten Brauchtums, das in vielen europäischen Kulturen zur Mittsommernacht gepflegt wird. Mit dem Feuer sollen böse Geister vertrieben und das Glück für das kommende Jahr heraufbeschworen werden. In Deutschland wird das Feuer auch "Johannisfeuer" genannt. "Ein abschließendes Mal mit Brot, Butter und Kräutern stärkte nochmals die Bindungen der Teilnehmer und ließ die Feier noch intensiver werden", schildert Heike Wittkau-Zoschke. Die Sonnwendfeier sei wie immer "zauberhaft" gewesen.
Hintergrund
Mittsommer
Mittsommer ist der Tag der Sommersonnenwende, der in diesem Jahr auf den 21. Juni fiel. Es ist der Tag mit der größten Tageslichtdauer auf der Nordhalbkugel. So wurden in Frankfurt 16 Stunden und 26 Minuten Licht gemessen. Je weiter man in den Norden kommt, desto länger werden die Tage. In Skandinavien gleicht die Nacht der Dämmerung.
Mittsommer ist einer der berühmtesten Feiertage in Schweden. Tagsüber wird ein Maibaum geschmückt und aufgestellt, um den sich die Menschen versammeln, um – mit Blumenkränzen geschmückt – zu tanzen und zu singen.
Seit Sonntag werden die Tage wieder kürzer bis zur Wintersonnenwende am 21. Dezember.