Mehrere Rotkreuz-Fahrzeuge stehen im Schulhof, umringt von Schülern, in der Cafeteria wird die stabile Seitenlage geübt und Silikonpuppen kräftig aufs Sternum gedrückt: Der Montagmorgen beginnt für die Sechstklässler des Einstein-Gymnasiums mit einem Aktionstag zum Katastrophenschutz – einer Unterrichtseinheit, die für diese Klassenstufe in allen Schulen seit zwei Jahren verpflichtend auf dem Lehrplan steht. Den Schülern soll ein Basiswissen vermittelt werden, was im Ernstfall zu tun ist, wie man vorsorgen und helfen kann, sei es bei Extremwetterereignissen, Naturkatastrophen oder größeren Unglücken.

Viel im Ehrenamt

Zu dieser Unterrichtseinheit gehört auch ein Aktionstag, der den Schülern Begegnungen mit Helfern aus der Praxis ermöglichen soll. Das war gar nicht so einfach, wie der betreuende Lehrer Martin Maletz erzählt – schließlich seien viele Helfer der „Blaulichtfraktion“ ehrenamtlich tätig, sei es bei der Feuerwehr, beim Technischen Hilfswerk oder dem Deutschen Roten Kreuz. Das DRK war es schließlich, das rund zehn Helfer organisieren konnte, um den „Einsteinern“ einen anschaulichen Einblick in ihre Arbeit zu geben. Nach der gemeinsamen Begrüßung wurden die Schüler in Gruppen eingeteilt und durchliefen einen Parcours von fünf Stationen.

Auf dem Schulhof lernen sie, dass es beim DRK Fahrzeuge für unterschiedliche Einsatzzwecke gibt – der Mannschaftstransportwagen, der die Helfer schnell an den Einsatzort bringt, den klassischen Krankenwagen für die Erstversorgung und den „Materialbomber“, der vollgestopft ist mit Zelten, Decken, einer mobilen Stromversorgung und medizinischen Hilfsmitteln: „Wir sind die erste eingreifende Truppe“, erläutert Jürgen Bollack, der beim DRK für die Ausbildung zuständig ist. „Das Fahrzeug ist dafür ausgelegt, dass wir 25 Menschen innerhalb von einer Stunde versorgen können.“ Dann gibt es noch das Bevölkerungsschutzfahrzeug, das mit einer zweiten Liege ausgestattet ist, damit man die Verletzten schneller abtransportieren kann.

Erste-Hilfe-Stationen

In der Cafeteria sind zwei Stationen aufgebaut, bei denen es um Erste Hilfe geht. Was ist zu tun bei Bewusstlosigkeit? Wie nehme ich bei einem Unfall einen Fahrrad- oder Motorradhelm ab? Wie reanimiere ich richtig? Auch die Funktionsweise eines Defibrillators wird gezeigt und ein Druckverband angelegt, der bei starken Blutungen angesagt ist. „Die Schüler sollen nicht nur rumstehen und Autos angucken, sondern auch selber etwas machen“, sagt Jürgen Bollack, der auch die Schulsanitäter ausbildet, die an diesen beiden Stationen den Rotkreuzlern assistieren.„Wir wollen ihr Bewusstsein schärfen, dass man anderen Menschen helfen kann. Wir freuen uns, wenn sich später welche melden und in die Sani-AG oder ins Jugendrotkreuz wollen.“

Hinten am Hallenbad schließlich zeigt die Hundestaffel, wie sie bei Einsätzen vorgeht. Mit Babypuder wird geprüft, aus welcher Richtung der Wind kommt – und damit auch der menschliche Geruch, der die Fellnasen zu Verschütteten oder hilflosen Personen führen soll. Den Hundeführern wird dadurch angezeigt, aus welcher Richtung sie mit den Hunden ins Gelände müssen. Das immer mehr einem „lost place“ ähnelnde Hallenbad-Gebäude bietet einen stylischen Background für die Suche: Schnell spüren die Hunde die Schüler auf, die sich zuvor versteckt hatten.

Stromausfall: Nichts geht mehr

Im Ortenaukreis gibt es fünf Einsatzeinheiten für den Katastrophenfall, eine ist beim Kreisverband Kehl angesiedelt. Einen eigenen Kehler Ortsverein gibt es nicht mehr: „Das ist wie im Sport, wir müssen Spielgemeinschaften bilden“, sagt Jürgen Bollack. Beim Katastrophenschutztag gehe es vor allem darum, die Schüler zu sensibilisieren: „Das erste, was ihnen zum Thema Stromausfall einfällt, ist, dass sie ihr Smartphone nicht mehr laden können“, sagt er. Aber der Mobilfunk funktioniere dann sowieso nicht mehr, weil die Masten Strom benötigen, einkaufen ginge auch nicht, weil den Türen, den Kassen, den Aufzügen und den Tiefkühltruhen der Saft fehlt. Das Hochwasserunglück im Ahrtal habe gezeigt, dass große Teile der Bevölkerung nicht wissen, was zu tun ist. Dem soll mit der Katastrophenschutz-Unterrichtseinheit entgegengewirkt werden. Für das „Einstein“ ist die Kooperation mit dem DRK dabei ein wichtiger Baustein: „Wir wollen das jetzt jedes Jahr machen“, sagt Lehrer Martin Maletz.

Nina Saam

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