

Peter Ruf hat auf seiner Reise Kommeno besucht. An diesem Mahnmal sind die 317 Dorfbewohner verewigt, die von deutschen Gebirgsjägern im August 1943 getötet wurden. Rufs Vortrag dreht sich zentral aber um den Heimatbegriff.©Peter Ruf
Im Spätsommer 2024 ist Peter Ruf, Landarzt aus Kappelrodeck, im zarten Alter von 77 Jahren nach Kommeno in Griechenland per Bahn und Schiff gefahren. Dort haben Gebirgsjäger der deutschen Wehrmacht 1943 in Griechenland schreckliche Verbrechen an den Einheimischen begangen. Das Leid der Bewohner von damals und ihrer Nachkommen hat ihn bewegt. „Ich musste dahin“, sagt er im ARZ-Gespräch.
Die 3000 Kilometer zurück hat er dann mit seinem E-Bike zurückgelegt. Er nennt es seine Pilgerreise. Noch nie zuvor hatte er so viel in so kurzer Zeit zu verarbeiten, sagt er. Einen Sack voller Erinnerungen, voller Erkenntnisse, philosophischer und gesellschaftspolitischer Gedanken samt schönen Bildern hat er mitgebracht.
Etwas nervös
Das mündet in eine Audiovisionsshow, die erstmals am Mittwoch, 2. April, zu sehen sein wird. Um 19.30 Uhr geht es im katholischen Gemeindezentrum Kappelrodeck los. Ruf bittet um Nachsehen, falls er ins Stottern gerät, es ist seine erste solche Schau.
Von den fast 600 Bewohnern Kommenos haben weniger als die Hälfte dieses Massaker am 16. August 1943 überlebt, ganze Familien wurden ausgelöscht. Das unvorstellbare Verbrechen war eine Reaktion auf den zufälligen Fund eines Gewehrs in Kommeno. Daraufhin beschloss die dortige Führung, das Dorf mit 120 Soldaten heimzusuchen. Brandschatzend, vergewaltigend begingen sie bestialische Exzesse der Gewalt, auch an Kindern. Das Quälen und Töten von 317 Dorfbewohnern sollte etwaige Partisanen abschrecken. Peter Ruf geht darauf ein, was danach passiert ist. Wie lebt man weiter nach solch einem Massenmord, nach solch Unsagbarem?
Im darauffolgenden Winter setzte zudem eine Flutkatastrophe den Überlebenden weiter zu. Fünf Jahre lebten sie in Schilfhütten, ohne jegliche Unterstützung. Von deutscher Seite sei bis heute nichts zum Wiederaufbau geleistet worden. Ruf kennt auch die Schicksale der verantwortlichen Nazi-Verbrecher.
Unverhandelbarer Wert
Ruf entdeckte während der Reise sein Verhältnis zum Thema „Heimat“ neu – in der Begegnung mit Menschen, deren Heimat und geliebte Menschen zerstört wurden. Nach diesem Schock mussten sie Heimat neu schaffen. Ruf kommt zur Erkenntnis, dass Heimat ein ebenso unverhandelbarer Wert ist wie die Würde des Menschen. Der Vortrag zeigt spannende Facetten von Heimat in zehn Ländern Europas von Griechenland bis Deutschland. Geplant sind zweimal 45 Minuten mit Pause, es soll Zeit für Diskussionen geben.
„Flüchtlingsströme versiegen, wenn wir das unveräußerliche Recht auf Heimat leben würden“, sagt Ruf. Eine Gemeindepartnerschaft Kommeno-Kappelrodeck hat er Bürgermeister Hattenbach schon vorgeschlagen. Kommeno im Westen des griechischen Festlands hat mehr als 700 Einwohner. „Sie finden dort keinen, der wegen der Vergangenheit mit Aggressionen herumläuft“, sagt Ruf, „da ist niemand ewiggestrig“. Eine kleine Gruppe rege sich darüber auf, dass nie Reparationen gezahlt wurden.
Faszinierend für Peter Ruf sind die Begegnungen mit Einheimischen. Diese Begegnungen und der Heimatbegriff bilden den Hauptteil des Vortrags, um das Massaker soll es nur zehn Minuten gehen. Wie gastfreundlich die Griechen auf den Deutschen reagieren, ihn in ihrem Bett schlafen lassen, obwohl man sich gerade erst getroffen hat, das beeindruckt den Kappelrodecker zutiefst. Ein so gewonnener Freund, Café-Besitzer Zois, wird am Mittwoch auch an seiner Seite sein, samt Dolmetscher.
Termin: Mittwoch, 2. April, 19.30 Uhr, katholisches Gemeindezentrum Kappelrodeck, Schlossbergstraße 8. Der Eintritt ist frei. Spenden für die länderverbindende Arbeit „Respekt für Griechenland“ sind hochwillkommen.