Manchmal schadet warten nicht. Etwa, um zu erkennen, was ein paar Jahre lang schmerzlich gefehlt hat. Diese Erfahrung machten so manche der vielen Zuhörerinnen und Zuhörer beim Konzert am Samstag in der St.-Gallus-Kirche, Hofweier. Da traten das erste Mal seit 2019 Melissa Zucano, ihr Vater Claudio Versace und Adrian Schaub auf; und erst da merkten viele, was sie vermisst hatten: Wunderschöne Lieder, wunderschöne Stimmen und ein Klavier (Adrian Schaub), das beflügelte.

Besinnliche Texte

Dazwischen trugen Damen des Gemeindeteams Texte aus dem Buch „Raunächte, zwölf Tage nur für dich“ vor; angefangen vom 25. Dezember bis heute. Ihre Botschaften: Schließe mit deiner Vergangenheit ab, öffne dein Herz, breche auf zum Glück, das in dir liegt, du hast alles, was du brauchst. Vertraue dir selbst. Das alles diente einem guten Zweck (siehe Hintergrund).

Die Lieder, mal als Solo, mal im Duett Melissa Zucano/Claudio Versace gesungen, umkreisten das Thema Weihnachten; beide gaben den Liedern mit ihren hinreißenden Stimmen ein ganz eigenes Leben. Zu den Weihnachtsliedern gehörte natürlich Feliz Navidad (I wanne wish you a very Christmas), Maria durch ein Dornwald ging und Ave Maria. Aber eben nicht nur; es gab auch Der Weg, ein Lied von Trauer, Abschied und allmählichem Loslassen. Der Tod von Ehefrau und Bruder innerhalb weniger Tage im Jahr 1998 ließ Herbert Grönemeyer das Album Mensch schreiben. Darin heißt es: „Du hast jeden Raum mit Sonne geflutet, hast jeden Verdruss ins Gegenteil verkehrt. Nordisch nobel, deine sanftmütige Güte, dein unbändiger Stolz, das Leben ist nicht fair.“ Kraftvoll und einfühlsam zugleich von Melissa Zucano dargeboten. Ein weiterer Höhepunkt war ihre Interpretation von John Lennons Song Imagine. September 1971 veröffentlicht, ist er immer noch höchst aktuell: Stell dir vor, die Menschen leben in Frieden. Das tun sie heute weniger denn je; oder aber genau so wenig wie früher, uns schwappt die garstige Welt nur übers Smartphone ständig in jede Pore unserer Seele. Das ist wenig erbaulich. Den Kontrapunkt dazu setzt Lennons Traum vom Frieden.

Kein Himmel

Erstaunlich war der Song aber auch an diesem Ort; schließlich saß man in einer Kirche, und Lennons Song forderte dazu auf, sich vorzustellen, es gebe keinen Himmel und keine Religion.

Aber als Gedankenspiel ist das ja ganz hilfreich, schließlich kann danach jeder, der will, um so kraftvoller zu Gott zurückkehren.

Einen ganz eigenen Akzent setzte Adrian Schaub, der diesmal nur ein Gastspiel hatte: In vier Songs zeigte er unter anderem, wie man Elton John am Klavier mitreißend interpretiert, auch mit seiner starken Stimme. Da durften die Zuhörer wieder träumen, etwa bei Goodbye Yellow Brick Road oder Don’t let the Sun go down on me (zusammen mit Claudio Versace).

Alles in allem war das Benefizkonzert eine Gelegenheit, zu träumen, zu sich zu kommen und sich über ein paar wichtige Dinge Gedanken zu machen und etwas Gutes zu tun (für Anni). Das wird manchen beflügelt haben, anschließend gestärkt aus dem dezent beleuchteten Kirchenschiff in die Raunacht heraus zu treten.

Denn die Hoffnung lebt; vor allem nach solchen Abenden.

WEITERE MITWIRKENDE (Gemeindeteam, Lesende): Claudia Bauert, Kerstin Schrempp, Sophia Stelter, Anne Tienelt und Beate Schulz.

Hintergrund

Songs für Anni

30 Prozent des Eintritts geht an die neunjährige Anni aus Hofweier. Sie leidet an einer seltenen Stoffwechselerkrankung (Mukopolysaccharidose Typ 3 C), die durch einen unheilbaren Gendefekt ausgelöst wird. Anni soll eine Reittherapie erhalten, sie liebt Pferde. Sie ist ein glückliches Mädchen, das neben dem Reiten gerne tanzt, singt und lacht. Das möchte die Familie so lange wie möglich genießen. Ihr Onkel Marco Schneider stellte beim Konzert die Hintergründe der Krankheit vor. Bei der Spendensammlung für Anni kamen 1000 Euro zusammen.