Nach kurzer Diskussion beschloss der Hohberger Gemeinderat am Montag auf Vorschlag von Bürgermeister Andreas Heck, den Antrag von Julia Böllinger (Ledo) an das Sozialministerium Baden-Württemberg weiterzuleiten; als Anfrage. Der Antrag selbst unter dem Punkt Verschiedenes scheiterte im Rat. Böllinger wollte einen Arbeitskreis „Corona-Aufarbeitung“ eingerichtet wissen.
Das Kommunalrecht
Bürgermeister Andreas Heck führte kurz ins Thema ein. Nach dem Kommunalrecht könne Julia Böllinger keine Anträge stellen, dazu benötige es ein Sechstel der Gemeinderäte (Faktionsstärke). Das Thema Corona-Aufarbeitung sei allerdings wichtig, die psychische Belastung vieler Menschen eine Tatsache, deshalb wolle er ein Stimmungsbild aus dem Rat, Julia Böllinger dürfe deswegen ihre Stellungnahme vortragen.
Böllinger begründete ihr Ansinnen damit, die Pandemie habe die Gesellschaft nachhaltig geprägt. 23 Prozent der Kinder hätten psychische Störungen (Essstörungen). Vor Corona seien es 15 Prozent gewesen. Reta Pelz, Chefärztin der Mediclin-Klinik Lindenhöhe in Offenburg, berichtete im Februar 2021 von einem deutlichen Patientenzuwachs in ihrer Klinik – bis zu 40 Prozent mehr notfallmäßige Vorstellungen von Kindern und Jugendlichen ab Herbst 2020. Böllinger fand es wichtig, spezifische Daten für Hohberg zu erheben. Mit im Boot sollten Gemeinderäte, Pädagogen und Psychologen sein, die Verwaltung solle Daten sammeln. Böllinger: „Wir müssen uns besser auf künftige Krisen vorbereiten.“
Psychisch krank
Sie habe sich bemüht, Daten zu Essstörungen und anderen psychischen Erkrankungen von der psychiatrischen Klinik an der Lindenhöhe zu erhalten. Sie schlug vor, alle Hohberger Daten lokal zu erfassen und aufzuarbeiten mit einer Bürgerumfrage oder einem Schulprogramm. Das solle durch eine anonyme Erhebung über eine sichere Plattform wie Nextcloud geschehen, die sie technisch unterstützen könne. Ihr Antrag hatte vorgesehen, der Gemeinderat möge die Einrichtung eines Arbeitskreises „Corona-Aufarbeitung“ beschließen. Dieser sollte die Auswirkungen der Pandemie auf die Gemeinde Hohberg untersuchen, insbesondere auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen und konkrete Vorschläge für zukünftige Maßnahmen erarbeiten. Das könne per anonymer Bürgerumfrage geschehen, um die Erfahrungen und Bedürfnisse der Bevölkerung zu erheben. Man dürfe nicht auf Bund und Land warten.
Ulrike Schilli (Grüne) sagte, die psychische Belastung der Kinder sehe man an vielen Ecken und Enden. Sie stimme zu, aber nicht in der Konsequenz, dass Corona lokal aufgearbeitet werden könne. „Es gab keine Beschlüsse auf kommunaler Ebene zu Corona“, sie seien immer vom Regierungspräsidium und dem Land ausgegangen. Kommunale Daten bräuchten wissenschaftliche Begleitung, nicht einen kleinen Arbeitskreis. „An dieser Stelle sind wir als Hohbergkommune überfordert.“Eine Aufarbeitung müsse es auf Landes- und Bundesebene geben. „Dass da was passieren muss, unterschreibe ich.“
Wirtschaftliche Folgen
Katharina Blasius (FWH) sah das ähnlich und ergänzte, auch Erwachsene hätten Depressionen gehabt, es habe wirtschaftliche Folgen wie Insolvenzen gegeben. Und Bürgermeister Heck dazu: „Wir haben keine Fachkenntnisse, um das medizinisch aufzuarbeiten.“ Der Schulsozialarbeiter sei allerdings nah an den Kindern dran, wenn er etwas bemerke, leite er das Problem an Spezialisten weiter.
Wolfgang Schilli (FWH) sah die Aufarbeitung in Bund und Land, um es zukünftig besser zu machen. Während der Pandemie habe es jede Woche neue Anordnungen gegeben, man habe keine Möglichkeit gehabt, das zu hinterfragen. Thomas Schaub (CDU) verwies auf die Gemeindeordnung. Danach habe sich der Gemeinderat um die Angelegenheiten der Gemeinde zu kümmern. Hohberg habe keine finanziellen Ressourcen dafür. Jule Marschner (Grüne): „Wir haben die Ergebnisse, wissen aber nicht, was wir damit machen sollen.“ Böllinger wandte ein: „Wenn wir nicht wissen, wie aktuell die Lage ist, können wir nicht sagen, wie sehr die Kinder gelitten haben.“