Amtsgericht Achern

Achern. Nötigung oder Sachbeschädigung, Kommunikation oder Trauma? Amtsrichterin Katharina Ochs hatte am Dienstag nicht wenige Zusammenhänge zu entwirren. In der Verhandlung war sowohl eine Dolmetscherin für die russisch-deutsche Übersetzung, wie eine für den deutsch-französischen Übertrag im Einsatz. Ein 49 Jahre alter Mann, gebürtig aus Moldau stammend und seit Jahren in Lahr wohnhaft, habe sich gewalttätig verhalten, warf die Staatsanwältin vor.

Nach Museumsbesuch

Ursprünglich jeweils hatten sich die betroffenen Parteien im Juni 2023 in Baden-Baden auf unterschiedliche Weise in gute Stimmung gebracht.

Wie man danach auf der Autobahn miteinander „ins Gehege“ kam, war nicht genau zu ergründen.

Der Berufskraftfahrer wollte mit Frau und zwei Söhnen nach einem schönen Museumsbesuch rasch nach Hause. Die junge Frau aus Straßburg hatte sich mit Geschwistern und Freunden den Tag über im Schwimmbad vergnügt. Ausgestreckte Mittelfinger sollen den raschen Stimmungswandel gebracht haben. In welchem Wagen und warum es zu den Provokationen kam, konnte die Richterin nicht ganz eindeutig feststellen.

Zufällig oder bewusst durch den Beklagten herbeigeführt, endete die Fahrt mit verschiedenen wechselseitigen Überholvorgängen zwischen Bühl und Achern an der Ausfahrt Achern. Der 49-Jährige erklärte, bewusst gemütlich gebremst zu haben, er habe den anderen Wagen eigentlich nicht "stellen" wollen. Von den anderen Zeugen kam der Vorwurf Vollbremsung und Beinahe-Zusammenstoß. Er wollte nur klären, was die andere Partei denn wollte, den Jugendlichen gut zureden, so der Beklagte. Im Auto der Jugendlichen entstand aber mehr als Schrecken. „Er war extrem wütend und hat heftig geschrien“, so die junge Französin. Sie war noch Fahranfängerin gewesen. Nach diesem Tag habe sie sich einige Monate gar nicht mehr ans Steuer gesetzt. Auch Medikamente habe sie angesichts des lange anhaltenden Schreckens nehmen müssen.

Dass der Mann die Autotür der Fahrerin aufgerissen und die Scheibe des Autos mit einem heftigen Schlag auf den Rücksitz befördert hatte, nahmen die eigenen Familienmitglieder nicht direkt wahr.

„Der Papa ist LKW-Fahrer und redet immer laut“, meinten beide Söhne nahezu unisono. Der Mann beteuerte, dass er den Jugendlichen nur habe erklären wollen, dass in Deutschland auf den „Stinkefinger“ eine Strafe von 4500 Euro steht. Auf der anderen Seite wurde verstanden, der wütende Fahrer verlange Geld und man wähnte sich als Opfer eines Überfalls. „Wir haben die Polizei in Kehl gerufen. Dort wurde ich nicht verstanden und der Polizist hat uns aufgefordert, direkt zum Polizeirevier nach Kehl zu kommen“, so eine weitere Zeugin aus dem Straßburger Auto.

Der 49-Jährige hatte indes eine Warnweste angezogen. Nach dem Aufstellen eines Warndreiecks sah er jedoch nur noch die Rücklichter des Straßburger Autos. Statt eines Polizeianrufs flatterte ihm später der Brief der Staatsanwaltschaft ins Haus.

Dass dem letzten Überholvorgang an der Ausfahrt Achern ein rasches Stoppen durch das Lahrer Auto gefolgt war, wollte die Richterin noch stehen lassen. „Jeder darf unter Umständen jemanden festnehmen.“

Seelische Schmerzen

Keinesfalls einverstanden war Katharina Ochs jedoch mit der Beschädigung des Autos und den körperlichen wie seelischen Schmerzen der jungen Fahrerin. Die Richterin verhängte eine Strafe von 25 Tagessätzen zu je 80 Euro, etwas niedriger als die Staatsanwältin gefordert hatte. Dem Kraftfahrer obliegen auch die Verfahrenskosten. Seine Verteidigerin hatte auf Freispruch plädiert.