Willstätt-Sand. Premiere im Sander Autohaus Schatz: Gleich vier Mädels haben sich zum Girls' Day angemeldet. Zwei wollen in den Beruf des KFZ-Mechatronikers hineinschnuppern, die anderen beiden interessieren sich für den Beruf des Automobilkaufmanns. Denn auch in dieser Berufsgruppe sind Frauen unterrepräsentiert. Nur ein gutes Drittel aller Autoverkäufer sind Frauen. Und in der Werkstatt sind Autoschrauberinnen mit 4 bis 10 Prozent, je nach Fachrichtung, eine noch seltenere Spezies.

Akribisch vorbereitet

Im Autohaus haben sie sich akribisch auf den Girls’ Day vorbereitet – für die beiden Werkstatt-Mädels wurden sogar Sicherheitsschuhe gekauft. Lilly Tausch (14) und Emily Knobel (12) jedoch wollen das Kaufmännische kennenlernen: Sie dürfen ein Auto für den Verkauf vorbereiten. Dazu gehört, den Wagen im Autohaus ansprechend zu präsentieren und eine Anzeige ins Internet zu stellen. Zuerst wird der Wert des Autos, ein Ford Puma, ermittelt. Dazu müssen sie die wichtigsten Daten heraussuchen – Kilometerstand, Zahl der Vorbesitzer, Ausstattung – und in die Suchmaske eingeben. „Das Programm scannt sich durch mehrere Computerbörsen und ermittelt so den Einstiegspreis“, erläutert Simon Wiegele, der die beiden in seinen Beruf einführt. Dann geht es nach draußen: Es gilt, möglichst attraktive und aussagekräftige Fotos von dem Fahrzeug zu machen.

Für die beiden Achtklässlerinnen Helena Erhardt und Louise Legrain geht es nach der Sicherheitseinweisung in der Werkstatt los. Ihre Aufgabe: Eine Familie möchte in den Urlaub fahren und hat ihren Wagen für einen Sicherheits-Check in die Werkstatt gebracht. Die beiden 13-Jährigen haben eine Checkliste bekommen, die sie abarbeiten sollen. „Das Nummernschild hängt schief“, konstatiert Helena, als die beiden auf das Auto zugehen.

Auto präpariert

Das Auto, ein Ersatzfahrzeug des Autohauses, wurde vorher präpariert. Doch auch Kollege Zufall hat mitgeholfen: Ein Marder hatte es sich tags zuvor im Motorraum gemütlich gemacht, ein paar Schläuche angenagt und Kabel durchgebissen, erzählt Kfz-Meister Yannik Braun, der die beiden Mädchen betreut. Er zeigt ihnen, wie man das Licht prüft, den Ölstand misst, den Kühl- und Scheibenwischwasserstand checkt. Die durchgeknabberten Kabel entdecken die Mädchen sofort, die eher unauffälligen Marderbisse an den Leitungen dagegen nicht. „Das ist die Bremsleitung, auch wenn das nicht schlimm aussieht, muss die ausgewechselt werden“, sagt Braun.

„Schätzchen des Monats“

Reifendruck und -profiltiefe, Bremsscheibenkontrolle, Check der Notfallausrüstung: „Das haben wir noch nie gemacht, wenn wir in den Urlaub gefahren sind“, staunt Louise. Da die Warnwesten fehlen, werden welche im Auto deponiert – „in Griffweite des Fahrers, denn die braucht er ja, wenn er im Notfall aussteigen muss“, so Yannik Braun.

In der lichtdurchfluteten Verkaufshalle wird währenddessen der Ford Puma von Lilly und Emily als „Schätzchen des Monats“ in Szene gesetzt – an prominenter Stelle, dekoriert mit Luftballons und Aufklebern. Danach geht es wieder ins Büro, wo die beiden ein großes Preisschild ausdrucken und anschließend ihre Bilder hochladen und sich an das Feintuning der Anzeige machen. Kollege Zufall ist es wieder, der ihnen ein waschechtes Verkaufsgespräch beschert: Ein Kunde kommt herein und erkundigt sich nach einem Wagen, sitzt Probe und lässt sich von Simon Wiegele ein Finanzierungsangebot erstellen. Die beiden hören gespannt zu.

Kabel flicken und Schläuche wechseln

Zurück in der Werkstatt steht der Wagen auf der Hebebühne – und Louise und Helena, bewaffnet mit Schlagschrauber und Drehmomentschlüssel, strahlen über das ganze Gesicht: Sie haben zwischenzeitlich unter Anleitung ein Rad gewechselt und die Unterbodenverkleidung abgeschraubt, um einen Blick von unten ins Auto-Innenleben zu werfen. Als der Wagen wieder auf dem Boden steht, pumpen sie einen halben Liter Öl ab. Und da noch Zeit übrig ist, machen sie sich daran, die angenagten Schläuche auszuwechseln und die Kabel zu flicken. Yannik Braun kann seinem Kollegen, der schon darauf wartet, den Marderschaden zu reparieren, Vollzug melden: „Die Mädels sind voll motiviert, die haben das schon erledigt!“

Der Beruf des Kfz-Mechanikers hatte lange die Liste der beliebtesten Berufe angeführt. Doch das hat sich geändert: Lehrlinge wie auch Fachkräfte seien schwerer zu bekommen, so Yannik Braun. „Man muss sich schon ins Zeug legen, um Leute zu gewinnen.“ Das haben sie in Sand gemacht: „Ich wollte eigentlich in einen sozialen Beruf oder Lehrerin werden, aber vielleicht entscheide ich mich noch um“, sagt Louise. „Ich habe noch nie was Handwerkliches gemacht, aber das hat echt Spaß gemacht.“

„Jeden Tag was Neues“

Lilly und Emily sind ebenfalls sehr von ihrer Girls’ Day-Erfahrung angetan: „Ich finde es gut, dass man nicht nur im Büro sitzt, sondern auch rausgeht und mit Kunden spricht“, sagt Lilly. „Da erlebt man jeden Tag was Neues.“ In Emilys Klasse haben viele Mädchen beim Girls’ Day mitgemacht, der Boys’ Day kam weniger gut an: „Die Jungs wollten nicht in den Kindergarten oder ins Pflegeheim gehen“, erzählt sie.

Nach dem Mittagessen, das sie gemeinsam mit Simon Wiegele mit dem größten Auto aus dem Fuhrpark des Autohauses besorgt haben, gibt es ein weiteres Schmankerl: Sie nehmen an einer Videokonferenz teil, in der ausgebildete Kfz-Mechatronikerinnen und Automobilkauffrauen aus ihrem Berufsleben berichten. Zugeschaltet sind alle Ford-Autohäuser, die beim Girls’ Day mitmachen – und die Mädchen dürfen hier weitere Fragen loswerden.