
Ortsvorsteher Volker Lutz.©Erwin Lang
Unsere Serie zu den Eingemeindungen beschäftigt sich heute mit Hohnhurst. Wir lassen Ortsvorsteher Volker Lutz zu Wort kommen. Die Eingemeindungen beginnen am 1. Juli 1971 mit den beiden ersten Gemeinden, die zu Kehl kommen. Und vor 50 Jahren kommen als letzte Gemeinden Auenheim, Bodersweier, Leutesheim und Zierolshofen hinzu. Grund genug für die Redaktion der Kehler Zeitung, zum Abschluss der Eingemeindungen vor 50 Jahren noch mal die Ortsvorsteher von heute zu Wort kommen und in einer Serie eine kleine Bilanz ziehen zu lassen – zumindest diejenigen, die den „Eingemeindungs-Fragebogen“ der KEZ ausgefüllt und zurückgeschickt haben.
Herr Lutz, 50 Jahre Gemeindereform: Sind Sie zufrieden mit dem Gebilde, das Anfang der 1970er-Jahre als „Große Kreisstadt Kehl entstanden ist?
Ja, so eine kleine, damals eigenständige Gemeinde wie wir es waren, hätte es damals schwer gehabt, sich alleine zu behaupten und vielmehr zu finanzieren. Deshalb war es damals der richtige Schritt.
Haben Ihre Vorgänger aus heutiger Sicht damals gut verhandelt?
Als Kind und hauptsächlich von meinem Vater habe ich schon mitbekommen, dass es sich die damals Verantwortlichen nicht einfach gemacht haben. Es wurde zum Beispiel genau abgewogen, zu welcher Gemeinde sich Hohnhurst eingemeinden lässt. Dazu gab es damals mehrere Optionen. Der Eingliederungsvertrag und die daraus resultierende Ortsverfassung zeugt schon vom guten Verhandlungsgeschick der „alt“ Bürgermeister und Räte.
Was ist nach Ihrer Einschätzung gut gelaufen?
Zusagen wurden eingehalten, wie zum Beispiel der Bau des Feuerwehrhauses, Modernisierung der Kanalisation Mitte Ende der 1970er Jahre, und auch ein Bürgerhaus konnte 1991 eingeweiht werden. Es war auch wichtig, dass Kindergarten und Schule, die es in Hohnhurst seit Anfang der 70er nicht mehr gab, mit einem Beförderungsvertrag geregelt wurde. Des Weiteren hat sich Hohnhurst auch optisch weiterentwickelt. Auch im demografischen Wandel ist Hohnhurst nicht abgehängt worden. Das alles hat zu einer Verbesserung der Lebensqualität in den Letzten 50 Jahren hier in Hohnhurst beigetragen.
Was hatten Sie sich anders vorstellen können?
Eigentlich ist das Konstrukt wie es gewählt wurde, für unser Dorf positiv, wichtig ist, dass wir als Dorf mit der geltenden Ortsverfassung so weiter bestehen und unsere „lokalen“ Weiterentwicklungen im Gemeinderat auch Berücksichtigung finden.
Nun sind viele Sanierungen, Umgestaltungen und Weiterentwicklungen der Zeit geschuldet notwendig, diese sind aus Sicht der Ortschaft alle schon seit längerem benannt. Allerdings scheitert es an den Umsetzungen, Gründe dazu sind nicht immer nachvollziehbar.
Wie ist nach Ihren Erfahrungen die Zusammenarbeit zwischen Gemeinderat und Ihrem Ortsteil?
Da ich selbst Mitglied des Gemeinderats von Amtswegen bin, habe ich gute Erfahrungen auf der persönlichen Ebene gemacht. Da ich aber nicht als Gemeinderat gewählt bin und daher kein Stimmrecht habe, sehe ich, dass kleine Ortschaften, denen es ähnlich geht, nicht die politische Wertstellung und Berücksichtigung bekommen als mit Stimmrecht.
Und wie lauft es zwischen Zentralverwaltung und der Ortsverwaltung?
Verwaltungen haben immer das Ziel, sich zu optimieren und weiter zu entwickeln. Dabei sollten aber Kompetenzen und Dienstleistungen, die auch für kleine Ortschaften gegenüber dem Bürger wichtig sind, in den Ortschaften bleiben. Auch im Bereich des Stadtentwicklungskonzeptes, das bis 2035 geschaut hat, sind wir als Dorf einvernehmlich berücksichtigt. Bisher ist das noch so und läuft also gut.
Was wünschen Sie, was besser werden sollte im Verhältnis Gemeinderat / Kernstadt / Ortsteile?
Gegenseitiger Respekt und Akzeptanz von Daseinsberechtigungen, egal wie unterschiedlich Gruppen, deren Größen und Meinungen sind, dies finde ich enorm wichtig
Wo ist in Ihrem Ort in den nächsten 5 Jahren der dringendste Handlungsbedarf?
Genau das, was aus dem Ortschaftsrat-Gremium für den kommende Haushaltsjahre priorisiert wurde, übrigens mehr als nur drei. Die ersten drei sind die fällige Sanierung des Bürgerhauses, Friedhofanlagen und Spielplatz mit Begrünung der Dorfmitte.
Leider konnten in dem anstehenden Haushalt 2025/26 unsere Projekte noch nicht berücksichtigt werden, aber Zuversicht für kommenden Jahre haben wir alle mal.
Wie sieht die Zukunft aus: Gibt es beim 75. Jahrestag noch die Ortschaftsverfassung in der jetzigen Form oder wie sieht die Struktur in 25 Jahren stattdessen aus?
Diese nun seit 50 Jahren gewachsenen Strukturen haben sich meiner Einschätzung nach bewährt. Sicherlich ist an der einen oder anderen Stelle noch Luft nach oben hier effektiver zu sein. Ein guter Ansatz, der meiner Meinung viel Potenzial hat, ist das Denken in Kooperationsräumen, in der vieles optimiert werden kann, ohne den jetzigen Konstrukt mit der Ortsverfassung aufzulösen. In unserem Fall haben wir mit Goldscheuer / Marlen / Kittersburg sicherlich einen guten und starken Kooperationspartner im „Raum Süd“.
Es wäre schade, wenn in weiteren Zentralisierungsrunden der vor 50 Jahren gewollte Konstrukt zu Ende geht, würde doch ein Stück „Basisdemokratie“ aufgelöst werden.
NÄCHSTEN Samstag lesen Sie in unserer Serie 50 Jahre ein Stadt das Interview mit Armin Lubberger, Ortsvorsteher von Kork.