Der globale Kampf um das Trinkwasser hat längst begonnen. Die elementare Ressource wird zum Luxusgut. Klimawandel, steigender Verbrauch und Verschmutzung gefährden die immer knapper werdenden Reserven: Wir steuern auf eine massive Wasserkrise zu.Professor Dr. Matthias Wantzen gab am Montagabend in seinem Vortrag in der Fachhochschule auf Einladung der Bürgerstiftung Kehl diesen düsteren Ausblick für die Menschheit.
30 Jahre Erfahrung
Er ist ein globaler Gewässerökologe mit 30-jähriger Erfahrung. Seit September letzten Jahren ist Wantzen Inhaber des Eucor-Lehrstuhls „Wasser und Nachhaltigkeit“, der von der Universität Straßburg getragen und vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in Partnerschaft mit der École nationale du génie de l’eau et de l’environnement de Strasbourg (Engees) mitbetreut wird.Immer länger werdende Dürrezeiten und ein unvernünftiger Umgang mit den Ressourcen bringen die Öko-Systeme an Kipppunkte. Werden sie überschritten, kommt es zu erheblichen und unumkehrbaren Veränderungen im regionalen und globalen Klimasystem mit schwerwiegenden Auswirkungen für alle Lebewesen. Nur ganz wenige Menschen mit entsprechenden Mitteln würden sich dann noch in eine Komfortzone zurückziehen können. Wir neigen dazu, das Problem mit der Trinkwasserverknappung zeitlich und räumlich zu verlagern und es zu ignorieren: „Sagen sie einem Raucher, er soll damit aufhören, weil er in zehn Jahren daran stirbt“. Er wird es nicht tun. Denn wir sitzen in klimatisierten Räumen und viel zu großen Autos. Wir essen im Winter Himbeeren aus Marokko und sind gegen alles versichert. Die Menschheit pflege eine arrogante Version von Ressourcenverschwendung.
Noch zu verhindern?
Können wir den Kollaps noch verhindern? Dazu brauche es möglicherweise einen Aufweckmoment, so wie wir ihn bei „Sandoz“ hatten, erklärt Wantzen. Der Chemieunfall verwandelte den Rhein im Jahr 1986 in eine Kloake. Muss es wieder soweit kommen? Wantzen ist sich sicher: Wenn wir so weiter machen, werden wir am Schluss alle Verlierer sein. Jeder einzelne müsse seine Gewohnheiten auf den Prüfstand stellen. Und zwar sofort und nicht erst morgen. Die Erde steuere auf einen Kampf um den letzten Tropfen Wasser zu, der auch Gefahren für eine Demokratie bringen kann.
Was muss sich ändern? „Wir brauchen einen schnellen und effizienten gesellschaftlichen Wandel in Richtung nachhaltige und gerechte Wassernutzung“, fordert der Gewässerökologe. Wantzen hat schon Projekte gemacht für den französischen Stromriesen EDF und den Bierbrauer Kronenbourg. „Die haben längst kapiert, um was es geht“, weiß Wantzen. Das Problem muss aber in allen Bevölkerungsschichten ankommen. Um den Wandel in Gang zu bringen, braucht es Menschen, die komplexe Probleme erkennen und lösen sowie die Menschen auch noch mitnehmen können.
Genau solche Experten will der Professor nun ausbilden. Im Rahmen seines Lehrstuhls hat er einen neuen internationalen Masterstudiengang über die Nachhaltigkeit von Binnengewässern entwickelt, der voraussichtlich im Herbst dieses Jahres eröffnet wird. Die Kurse werden sich auf Ingenieurwesen, das Verstehen und Lösen von Problemen sowie die angemessene Kommunikation der zu entwickelnden Lösungen konzentrieren. „Es gibt sehr häufig Verständigungsschwierigkeiten zwischen der Wissenschaft und der Gesellschaft“, erklärte Professor Wantzen bei seinem Vortrag am Montagabend. Mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung könne ein Projekt behindern. Daher sei es von entscheidender Bedeutung, an der Vertrauensbildung zu arbeiten.