Das Bühnenbild im Lahrer Schlachthof: ein alter Holztisch, dazu zwei moderne Lehnstühle vor einer aufgestellten Stoffwand, die mit einer privat fotografierten und gerahmten blauen Seelandschaft dekoriert ist. Außerdem ziert sie eine vergilbte Collage aus kleineren Fotos. Links steht ein alter Lehnsessel – und fertig ist das Zimmer von Hubert, der erst seit einigen Wochen im Pflegeheim lebt, weil er dement ist.
Huberts neue Welt
Zu Hause kommt er nicht mehr allein zurecht. Seine Frau Gerda (Kornelia Masur) besucht ihn täglich, auch die Tochter und Geschäftsfrau Birgit (Kornelia Masur) kommt kurz vorbei, bevor sie gestresst wieder zu ihrem Job zurückkehrt. Der ehemalige Geschäftsführer Hubert Schreiner erscheint im Bademantel mit einem großen Koffer in der Hand. Er läuft leicht verwirrt herum: "Ich will nach Hause", redet er mit sich selbst. "Wo ist hier der Ausgang?", fragt auch er das Publikum, das die Rolle anderer Heimbewohner und Besucher übernimmt. Die Pflegeschwester führt ihn zurück in sein Zimmer.
Huberts Frau Gerda kann ihrem Mann nicht ihre Liebe zeigen. Die Situation überfordert sie sichtlich. Der Ausschnitt aus dem Stück wirkt real, es geht um Verhalten und Gefühle aller Beteiligten: um Trauer, Verzweiflung, Angst und Wut, um Hilflosigkeit und Bevormundung. Hier setzt der "pädagogische" zweite Teil des Abends an. Die Besucher dürfen ihre Gedanken zum Stück äußern, wie sie die Reaktionen der Figuren einschätzen. Das Publikum beteiligt sich rege – bis hin zum "nicht abgesprochenen" Bühnenauftritt.
Allen wird bewusst: Schnell verfällt man in nicht hilfreiche Gesprächsmuster. Doch Hubert ein gutes Gefühl zu geben und ihm den Alltag zu erleichtern, ist die Anstrengung wert. Darüber herrschte Konsens im Schlachthof. Huberts Fall endet versöhnlich: Er begleitet das Lied "Wir lagen vor Madagaskar" auf seiner Gitarre. Das Musizieren hat er nicht verlernt.
Hintergrund
Das Stück ist eine Initiative von 14 Einrichtungen und Initiativen, gebündelt im Netzwerk Demenz, das diesen Theaterabend organisierte – in Kooperation mit Lahr Kultur, der Lahrer Rockwerkstatt und der Dreyspring Bar. Förderer sind die Stadt Lahr, das Land Baden-Württemberg und die gesetzliche Pflegeversicherung.
Beatrice Meyer von der Demenzagentur und Sylvia Bing vom Pflegestützpunkt Lahr stellten die Kooperation vor und wiesen auf die aktuell 1,8 Millionen Demenzkranken allein in Deutschland hin. Sie übergaben an die zwei Akteure und Theaterpädagogen vom Verein Dialogtheater Stuttgart. Durch Projekte rücken sie die Krankheit ins Bewusstsein und begleiten sie künstlerisch.
Bildnachweis
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- Karin Manitz