„Ich musste nur über die Straße springen und dann war ich im Kindergarten“, erinnert sich Rolf Federle an längst vergangene Zeiten, als er als Bub in seinem Heimatort Großweier in den Kindergarten ging. Dieser wurde damals noch Kinderschule genannt und von Schwestern des Klosters Hegne am Bodensee geleitet. Er befand sich in dem gleichen Gebäude, in dem auch die Schwestern wohnten. Für die einen war es eine Kinderschule, für die anderen ein Schwersternhaus: Eine Schwester war als Erzieherin der Kinder zuständig, die zweite wies die Mädchen als „Nähschwester“ in der Kunst der Handarbeiten ein und die dritte kümmerte sich um die alten, kranken und sterbenden Menschen.
So war „s´Schweschdre Huus“, das die katholische Kirchengemeinde 1908 auf ihrem Grundstück im Gewann Kirchbühnd erbaute, ein unverzichtbares Haus im Dorf. Dessen Geschichte hat Federle viele Jahre ausführlich erforscht, dokumentiert und in seinem Buch über „Alt-Großweier“ veröffentlich.
Kurze Wege im Dorf
Einen noch kürzeren Weg hatten die Kinder von Maria und Erwin Bildstein, der seit über 50 Jahren der Mesner der Pfarrei St. Martin ist. Im Juli 1973 zog die Familie in das Schwesternhaus ein und die Kinder mussten nur von der einen Seite des Hauses in die andere wechseln und schon waren sie gut behütet und betreut.
Die Schwestern verließen 1973 Großweier; es fehlte wie bei anderen Orden der Nachwuchs und die Aufgaben in den vielen Niederlassungen konnten nicht mehr alle erfüllt werden. Damit endete eine lange und segensreiche Geschichte mit Schwestern in Großweier, die Federle bis in das Jahr 1893 nachweisen kann.
Damals ging es um die Wohnung und den Unterhalt einer Krankenschwester aus Gengenbach, der vom Kirchenfonds in Großweier und der Gemeinde bestritten wurde. Für die Einrichtung der Wohnung wurden 350 Mark bereitgestellt, für den Unterhalt der Schwester von 1893 bis 1897 fünfmal 260 Mark. Laut Federle genehmigte das Bezirksamt in Achern, einen jährlichen Zuschuss von 165 Mark von 1894 bis 1897.
Unersetzliche Hilfe
Das klingt nicht viel für das, was eine Krankenschwester leistete, angefangen bei Krankenbesuchen über Nachtwachen bei Kranken und Sterbebegleitung in den Familien bis zur Ersten Hilfe bei kleineren Unfällen. Später kam noch eine zweite Schwester, doch Ende 1905 oder Anfang 1906 verließen die Schwestern Großweier; als Grund wurde „Schwesternmangel“ angegeben.
Bereits am 5. Februar 1906 wurde ein neuer Vertrag des Krankenpflegevereins Großweier mit dem Kloster in Hegne geschlossen, der aber erst am 1. Oktober 1911 erfüllt wurde. In neun Paragrafen wurden gegenseitige Rechte und Pflichten festgelegt, wie etwa, wer die Kosten für Wohnung, Essen und Kleidung übernimmt und welche Tätigkeiten die Schwestern wahrnehmen dürfen.
„Wenn eine Schwester erkrankt, wird sie auf Kosten des Vereins verpflegt und im Falle des Absterbens auf dessen Kosten beerdigt.“ Die Schwestern waren unersetzlich und viele Arbeiten wurden nach dem „Vergelt´s-Gott-Tarif“ verbucht. Doch in Großweier wussten die Menschen die Arbeit der Schwestern zu schätzen, 1911 wurde zu ihrer Unterstützung ein Krankenpflegeverein gegründet.