Am vergangenen Dienstag las die Malerin und Herausgeberin Angelika Nain im vollbesetzten Club Voltaire in Kehl aus ihrem Buch "Und immer noch". Wie Vorsitzende Farideh Nowrousi in ihren Begrüßungsworten lächelnd anmerkte, waren viele der anwesenden Besucher aus der Fangemeinde von Angelika Nain gekommen.
Heutige Situation
In ihrem Buch „Und immer noch…“ spannt die Künstlerin einen Bogen, um die Lage Afrikas vor der Kolonialisierung bis heute allgemeinverständlich darzustellen. Es geht um die Missstände und die Dringlichkeit fundamentaler Veränderungen. Als Vorgeschmack auf die Lesung diente ein Auszug aus den Werken des Hausacher Dichters José Oliver: „Welche Hand spielt in welche Hände?“ Wir können es wirklich nicht wissen. Reichen wir uns deshalb häufiger die Hand. So ahnen wir vielleicht mehr als Worte sagen.
Doch bevor die Künstlerin mit ihrer Lesung begann, gab sie einen kurzen Einblick in das Vorwort ihres Buches und über die vierzehn Druckgrafiken, die sie im Auftrag des Museums im Ritterhaus als Ergänzung zur Kolonialausstellung "Ein Fenster zur Welt" erstellt hatte. Die Grafiken bilden die Grundlagen für die Texte von verschiedenen Autorinnen und Autoren, die das Thema aus ihren unterschiedlichsten Blickwinkeln beleuchten. Zur Lesung hatte die Künstlerin Grafiken ausgesucht, deren Abbildung die von den verschiedenen Autoren geschriebenen Texten mit den an diesem Abend gelesen Kapiteln "Kolonialisierung, Korrupt, Entsorgt, Betrogen, Zerstört und Gefährlich" symbolisieren. Die Titel kritisieren dabei jedoch nicht nur die in Afrika herrschenden Missstände, sondern zeigen auch Möglichkeiten der Veränderung auf.
"Meine Arbeiten haben immer mit meinem Leben zu tun", sagte die Künstlerin. Sie interessiert sich seit langem für Afrika, nahm 2011 an einer Charity-Challenge teil, in der Autos nach Gambia überführt wurden, begleitete später Geflüchtete aus Gambia und nahm an einer Seenot-Rettungsmission der Organisation "Sea Eye" teil. Bei ihren Reisen stand nicht der flüchtige Augenblick, sondern der Mensch in seinem Umfeld im Fokus. So traf sie auch auf viele Menschen, deren Lebensverhältnisse die Ursachen erklären, warum sie sich auf den Weg nach Europa machen. Ihre Begegnungen auf Reisen hält sie ebenso fest wie ihre Verbindungen zu geflüchteten Menschen.
Ihr Buch zeigt die Ursachen und Folgen von kolonialen und postkolonialen Eingriffen. "Die Industriestaaten sind überwiegend Nutznießer auf Kosten der Entwicklungsländer", sagte Nain. So erklärt sich auch der Buchtitel "Und immer noch....". Am Schluss ihrer Lesung gab es als kostbare Zugabe ein Gedicht von José Oliver, das er extra für sie geschrieben hatte. Danach suchte die Künstlerin den Austausch mit den anwesenden Besuchern.
Ausstellung– im Salon
Bereits eine halbe Stunde vor der Lesung führte Reinhold Schäfer in die Technik seiner im Salon ausgestellten Holzschnitte "Ecken und Kanten" ein. Seit seiner Pensionierung als Grafikdesigner in Werbeagenturen setzt er sich intensiv mit dem Holzschnitt auseinander. Der Widerstand des Holzes beim Schneiden zwingt ihn zu “Ecken und Kanten“, sowohl formal als auch thematisch. Der Mensch in seiner Lebensbewältigung, dem Streben, Scheitern, Aufraffen und in der Bewegung kommt so in seinen mehrfarbigen, handgefertigten Holzschnitten zum Ausdruck.