Seit dem Beginn der Industrialisierung zu Anfang des 19. Jahrhunderts nimmt die Frage nach dem Ort des Menschen in der Natur breiten Raum ein. Mit der Kunstausstellung „Wo bitte geht's zur Schöpfung?“ soll eine Suche initiiert werden, bei der die Kunstwerke Wegweiser und Gesprächspartner darstellen.

Am Samstag fand nun die Vernissage zu dieser Kunstausstellung in der Kehler Friedenskirche statt, die die beiden Kuratoren Bernd Stephanny und Michael Schleicher zusammen mit dem Kehler Stadtmarketing organisiert hatten. Beide Kuratoren und die fünf weiteren Künstler Birthe Geitmann, Angelika Nain, Reinhold Schäfer, Sabine Staufer und Beate Weigel hatten dazu ihre themenbezogenen Werke zur Verfügung gestellt.

"Tolles Ereignis"

Oberbürgermeister Wolfram Britz fand in seiner Ansprache lobende Worte für diese Ausstellung. "Es sei ein ganz tolles Ereignis, wenn solche Räume auch anders genutzt werden", so Britz weiter.

Zwischen den einzelnen Ansprachen rezitierte Ruth Dilles Texte aus der indigen-amerikanischen Literatur sowie ein Märchen aus dem Allgäu. Ihre Rezitationen hätten nicht treffender zur Ausstellung passen können, die ihr Mann Andreas mit eindrucksvoller Orgelmusik zusätzlich untermalte. "Wo bitte geht's zur Schöpfung?" stellte Pfarrer Andreas Bordne dann am Schluss noch einmal die Frage und erläuterte, dass sich der Titel angesichts der eingereichten Kunstwerke "geradezu aufdränge". Weiter merkte er an, dass diese nicht die letzte Kunstausstellung in der Kirche gewesen sein muss: "Denn Kunst und Religion sind wie Geschwister", so Bordne.

Familie von heute

Vielleicht stellte sich der eine oder andere Besucher bei dieser Vernissage die Frage, was die beiden Schaufensterpuppen neben dem Rednerpult aussagen wollen, die ganz mit Technik umgeben sind. Die Antwort ist einfach: Sie symbolisieren eine Familie von heute, mit Handy und Laptop in der Hand, zwar nebeneinander sitzend, jedoch jeder mit sich selbst beschäftigt. Im Gegenzug dazu sollen die Kunstwerke den Betrachter im Dialog miteinander und untereinander auffordern, herauszufinden, wo der Mensch des 21. Jahrhunderts seinen Platz in der Schöpfung findet, wenn ein Zurück zur Natur so einfach nicht mehr gelebt werden kann. Der Ausstellungsort Friedenskirche Kehl sieht Mensch und Natur dabei nicht sich selbst überlassen, sondern bringt beide in Beziehung als Teil der einen Schöpfung.

Am Sonntag fand ebenfalls in der Friedenskirche Kehl ein Kunstgottesdienst zu der Ausstellung statt. Pfarrer Andreas Bordne reflektierte in seiner Predigt über das Gesamtthema "Wo bitte geht's zur Schöpfung?" und regte an, dass Menschen die Antwort auf diese Frage den Tieren schuldig sind. Die Künstlerin Sabine Staufer schilderte im anschließenden Gespräch über ihr Werk "Röschen", das unter dem Kreuz im Gebetsraum aufgestellt ist, den Besuchern ihre Gedanken beim Malen des Bildes. "Die Röschen am Rehgeweih sollen das Kraftvolle ausstrahlen", erläuterte sie. "Rosen bedeuten Liebe, aber die Dornen bedeuten auch Schmerz."

Vogelgezwitscher im Kirchenraum

Bezirkskantorin Carola Maute übernahm die musikalische Gestaltung des Kunstgottesdienstes an der Orgel mit Klängen, die einen Wald mit Vogelgezwitscher vermittelten. Die Bilder, die durch die sonnendurchfluteten Kirchenfenster angestrahlt wurden, das Orgelspiel von Carola Maute und die Predigt von Pfarrer Andreas Bordne verliehen diesem Kunstgottesdienst eine besondere Ausstrahlung.

Die Kunstwerke in der Friedenskirche am Marktplatz können bis Samstag, 3. Mai, täglich von 11 bis 17 Uhr besichtigt werden.