Die traditionellen Drucktechniken wurden 2018 in das deutsche Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Zum siebten Mal fand der bundesweite "Tag der Druckkunst" am 15. März statt. Zu diesem Anlass fanden zahlreiche Veranstaltungen in ganz Deutschland statt.

Die Künstlerin Angelika Nain öffnete zu diesem Anlass am vergangenen Wochenende die Türen ihres Ateliers in Marlen, wo Kunstliebhabern eine Präsentation verschiedener künstlerischer Drucktechniken geboten wurde. Zum zweiten Mal in Folge hatte Nain auch Reinhold Schäfer aus Goldscheuer mit an Bord genommen, so dass die beiden Künstler zusammen den zahlreichen Besuchern ihre Hochdruckarbeiten mit Holz und Polystyrol, Radierungen, Lithografien und Monotypien zeigen und den Gästen einen Einblick in die faszinierende Welt handwerklicher Druckkunst gewähren konnten. Die zahlreichen Besucher stellten viele Fragen und bekamen ausführliche Erklärungen seitens der Künstler im Bezug auf die Druckmethoden.

Ein Atelier oder auch die Wohnung plastischer Künstler betreten zu dürfen, ist immer ein besonderes Erlebnis, denn ihr Sinn für Schönheit und Ästhetik begegnet einem auf Schritt und Tritt. Die Augen des Besuchers können nicht genug von den Bildern und Skulpturen, aber auch von den schönen Gegenständen bekommen – ob eigene Schöpfung oder kleine Dinge des Alltags, wie Vasen, Tassen und Keramik, auch manche „Holzskulpturen“ (die die Natur erschaffen hat). Angelika Nains Atelier ist ein großer Raum mit hohen Regalen, voll mit unzähligen Druckplatten und ihren Druckwerken. An den Wänden Bilder aus verschiedenen Schaffensphasen.

Zur Druckkunst fand Nain vor zwanzig Jahren, als sie als Kunstdozentin arbeitete. „Da wollte ich mit Kindern Linoldruck machen und entdeckte die Hartschaumplatten (aus Polystyrol) mit ihren multiplen Anwendungsformen für mich. Darauf kann man spontane Linien zeichnen und sehr leicht hinein schnitzen. Mit dieser Technik werden meine Bilder vielschichtig, indem ich die Druckplatten immer weiter bearbeite und mehrere Male damit drucke. Die Bilder sind praktisch alle Unikate. Mit Holz ist es viel schwieriger, es verlangt mehr Kraft.“

Geboren 1956 in Trossingen, studierte Angelika Nain Malerei an der Freien Hochschule für Grafik-Design und Bildende Kunst Freiburg. Sie lebt und arbeitet in Kehl-Marlen, war 25 Jahre lang Dozentin an der Kunstschule Offenburg. Nain hat eine beeindruckende künstlerische Kariere aufgebaut - sie nahm an unzähligen Ausstellungen und Kunstprojekten teil. Wichtige Themen sind für sie soziales Engagement, Einsatz für Afrika, Natur – neuerdings bedrohte Insekten.

Flüchtlingshilfe

Nains Werk verteidigt das Leben und die Würde alles Lebens an sich, zudem die humanistischen Werte. Im Gespräch mit der Kehler Zeitung erzählte die zierliche Frau mit der langen, silbernen Mähne und lebhaft funkelnden Augen Passagen aus ihrer Biographie: Sie arbeitete für Hilfsorganisationen in Afrika, betreute jahrelang Flüchtlinge aus Gambia in Deutschland und beteiligte sich 2018/19 auf dem Mittelmeer an einer Seenotrettungsmission.

Am Sonntag, 6. April wird die Premiere eines Dokumentarfilms über Angelika Nain im Offenburger Kino stattfinden.

Werk mit Botschaften

Nicht minder interessant ist ihr Kollege Reinhold Schäfer, dessen Kunst sich um Geschichte, Politisches und gesellschaftliche Themen dreht. Für seine Druckbilder fertigt er Druckplatten aus Holz an – er praktiziert dabei den klassischen Holzschnitt, benutzt allerdings auch den Computer als Arbeitshilfe für die Graphiken. Die Arbeit mit Holz erlernte er in jungen Jahren von seinem Vater, der Schreiner war. Ausgebildet wurde der 1947 geborene Goldscheuerer Künstler zuerst als Grafikdesigner (Studium in München) – und das erkennt man auch an seinen Bildern. Schäfers ausdrucksstarke metaphorische Bildersprache bedient sich einer Palette sparsamer stilistischer Mittel. Wenig Farbe, manchmal nur schwarz-grau-weiß. Jedoch entspringen seinem Werk erschütternde sozialpolitische Botschaften – Kritik, Schreie des seelischen Schmerzes, des Protests gegen Krieg, Isolation, Traumatisierung in der Coronazeit, Entfremdung des Menschen von sich selbst.