


Die Berghauptener Knerbli-Zunft hat am Schmutzigen Donnerstag auf der Bühne gezeigt, was in ihr steckt. Doch nicht nur sie, sondern auch andere Vereine, die am Programm beteiligt waren.©Thomas Reizel
„Ihr habt es geschafft, die Halle isch g’stande, mir toppen’s nicht mehr und höre jetzt uff!“ So freuten sich Annette Brüderle und Nicole Zehnle bei riesigem Applaus kurz vor Mitternacht in der Berghauptener Schlosswaldhalle über den fulminanten Tanz der Hexen und Eichenspättle sowie einen rundum gelungenen Knerbli-Abend. Dieser stand am „Schmutzige“ unter dem Motto „Helden der Kindheit“.
Mit einer großen Fernbedienung zappten sich die Närrinnen als Mainzelmännchen durchs Programm. Zu Biene Maja erschienen zunächst Maximilian Weiß und Marco Girardi mit passenden Liedern. Drei Junghexen und Spättle mischten tanzend die Bühne auf, und die Tanzgruppe des Turnvereins „Shake a leg“ wirbelte regelrecht.
Till Eulenspiegel (Holger Kienzle) zeigte sich gewohnt bissig, obwohl er eigentlich nicht mehr in der Bütt stehen wollte. US-Präsident Trump, der „Buffalo Bill“, bekommt, was er will. Statt Biden stand ja Kamala Harris parat. „Aber in de USA isch’s wie in der Gengenbacher Narrezunft: An die Spitze darf kein Frau!“
Der Rathauschef, „der kleine Racker, wollte sich mache von Berghauptens Acker“, und in der CDU läuft’s auch nicht rund: „Drei Ortsverbandsaustritte, darunter die Vorsitzende, da fragt man sich, wo drückt der Schuh?“ Streiten könne man im Gemeinderat ja, aber bitte mit Verstand und Niveau. „Eines ist klar und steht fix: Es geht um Berghaupten und um sonst nix." Persönliche Befindlichkeiten seien kein guter Rat.
Die Frau „Viertaler“
Köstlich danach Frau „Viertaler“ (Renate Schindler): Sie holte in der Apotheke unter vielem anderen ABC-Pflaster, Schmerzsalbe, Blutdruckmessgerät, ä großi Packung Viagra und Inkontinenzwindeln. Verdutzt habe der Apotheker gefragt, wofür das Ganze? „Ich möcht’ wieder heiraten und den Hochzeitstisch richten.“
Dann sinnierte sie über Alltagsthemen. Frau „Bockbier von de Grüne“ könne man nicht mehr glauben, und an künstlicher Intelligenz zum Thema Laktose verzweifelte Frau „Viertaler“ auch. Als Text warf der Computer aus: „Hast du Laktose in der Hose, bekommst du keine Gürtelrose. Aber vielleicht Thrombose in der Strumpfhose.“
Sie bat auch drei Helden aus dem Publikum auf die Bühne und stellte ihnen drei Aufgaben. Den mächtigsten Tarzan-Schrei ließ Philipp Clever los, verkleidet als Retro-Golfer Bobby Jones.
Karin Nietsche gab es dieses Mal nicht wie gewohnt als „Paradiesvogel“, sondern nach eigenen Worten als „Arielle, die eher wie Moby Dick wurde“, so manche Begebenheit zum Besten, etwa, wie Holger Kienzle bei einem Fest auf dem WC die Feucht- mit Desinfektionstüchern verwechselt hatte, aber die schmerzhaften Konsequenzen „heldenhaft“ ertrug.
Oder die Geschichte von zwei Berghauptenern, die sich nach einem „Halli-Galli-Drecksau-Fescht“ gut gesattelt, aber unabhängig voneinander nach Hause schleppten, dann aber gemeinsam auf einer Parkbank landeten. „Des sind Helden unserer Zitt, die wirft nichts aus der Bahn.“
Noch richtig erregt sei sie wegen der Worte von Philipp Clever nach der verlorenen Bürgermeisterwahl in Gengenbach: „Ja, er hat ja im Wahlkampf noch gemerkt, dass sein Herz für Berghaupten schlägt“, sagte sie mit herrlicher Verzückung. Für ihr elfjähriges Bühnenengagement überreichten ihr die Mainzelmännchen elf Fläschle mit prickelndem Inhalt.
Die Freizeitgruppe „Los Borrachos“ setzte einen musikalischen Höhepunkt. Werkzeugkästen aus Metall, Schraubenschlüssel und eine Trillerpfeife nutzten sie als Rhythmus-Instrumente für Stücke wie die „Schwarzwaldmarie“ und „Rock me heut Nacht“.
Dabei schafften sie es sogar, einen Domino-Effekt von links nach rechts und wieder zurück hinzubekommen. Riesiger Applaus war der Lohn. Die Tanzgruppe des Tischtennisclubs begeisterte mit dem traumhaften Auftritt „Ich bau’ Dir ein Schloss.“
Der Posaunen-Künstler
Nicht minder großartig war Julien Schultz mit seinem Soloauftritt an der Posaune, die sogar dann noch funktioniert, wenn sie in alle Einzelteile zerlegt ist. Und er sah einen großen Vorteil gegenüber der Flöte: „Die Berufsunfähigkeit ist wegen der Möglichkeit gebrochener Finger hoch.“ Die Posaune spielte er sogar mit einem Fuß.
Witzig und spritzig war auch die Idee der Narren, Fernsehsendungen aus der Kindheit in Berghaupten nachzuspielen. So gab es echte Aufzeichnungen aus dem Dorf, die in der Halle „geschtriemt“ wurden – von den Teletubbies hinter der Schule, Kermit und Miss Piggy in der Sparkasse, „Bernd das Brot“ vor dem Rathaus, Familie Feuerstein, die ihr Gefährt neben dem Car-Sharing-Elektroauto abgestellt hatte, und einige mehr.
Den Schlusspunkt setzten wie eingangs erwähnt die Hexen und Eichenspättle mit ihrem Tanz „Dorflove“. Viele in der Halle sangen begeistert mit „Falls du fragst, ich bin ein Kind vom Dorf, Großstadt-Affen raffen nicht Dorflove, Gucci, Prada, Rolex, ist doch komplett raus. Die Kids vom Dorf tragen Engelbert Strauss.“ Zugabe, Zugabe!
Übrigens: Großen Anteil an der Stimmung hatte auch das Blasorchester. Denn zwischen den Stücken spielte es Takte bekannter „Helden“-Melodien an: Pippi Langstrumpf, Schlümpfe, Sandmännchen, Heidi und Biene Maja, um nur einige zu nennen. Oberzunftmeister Tobias Armbruster lobte alle Akteure, insbesondere die perfekte Moderation der Mainzelmännchen.