Blaue Tücher flattern durch die Luft. Damit machen die Söllingschüler ihren Gesang umso lebendiger an diesem Mittwoch und lassen frei nach dem Gedicht des deutschen Lyrikers Eduard Mörike den Lenz herein in die Seniorenresidenz Kinzigallee. Das „Blaue Band“ steht für den Frühling und die blühende Natur. Und diese strahlen zusammen mit der Sonne durch die Fenster hinein in den Speisesaal, der zur Matinee mit fröhlichen Liedern zum Konzertsaal umgestaltet ist.
Der Saal ist besetzt mit erwartungsfroh gestimmten Senioren, als die etwa 40 Mädchen und Buben von der ersten bis dritten Klasse frohgelaunt eintreffen. Den Auftritt haben sie zusammen mit ihrer Lehrerin und Dirigentin Kati Ajster genutzt für einen Spaziergang von ihrer Söllingschule zur Senioreneinrichtung in der Oberländerstraße, begleitet von der Pädagogischen Assistentin Martina Derr und Schulbegleiter Simeôn René.
Regenbogenfarben
„Wir haben den Regenbogen mitgebracht“, kündigt Kati Ajster die Auftritte des munteren Chors an. Denn zu den einzelnen Liedvorträgen lassen die Kinder immer wieder verschieden farbige Tücher wehen. Die Farben des Regenbogens stehen dabei für unterschiedliche Aspekte des Lebens. Und das schöne Naturschauspiel steht seit jeher auch als Symbol für Hoffnung und Trost, für Optimismus und Zuversicht. Und so spenden die jungen Sänger ihren betagten Zuhörern Mut und schenken Freude.
44 Bewohner hat das Pflegeheim der Seniorenresidenz, zudem gibt es 51 Senioren-Wohnungen, erzählt Heimleiterin Angelika Frey den heranwachsenden Besuchern. „Und viele haben Enkelkinder in Eurem Alter, deshalb freuen sie sich ganz besonders, dass ihr da seid und für sie singt!“ Und die Söllingschüler ihrerseits freuen sich, verrät ihre Chorleiterin, dass sie zeigen dürfen, was sie sich in den Proben hart erarbeitet haben.
Vermittelt hat den Auftritt Heide Hilzinger. Sie trägt mit ihrem Stiftungsfonds innerhalb der Bürgerstiftung Kehl (BSK) zur Finanzierung des Jugend-Musik-Projekts bei, das die Bildung des Chors an der Söllingschule im vergangenen Spätjahr ermöglicht hat. Musik gehöre immer als erstes dazu, wenn beim Schuletat gekürzt werde, bedauert Suzanne Da Costa-Kunz, die das BSK-Projekt leitet. Deshalb fördere die Stiftung musikalische Ausbildung. Musik gehöre zur Grundausstattung eines jeden Menschen und trage auch zur Integration bei.
„Wenn ich mal traurig bin, dann greife ich zu meiner Geige“, verrät die Violin-Lehrerin. „Das macht mir Mut und gute Laune!“ Mut und gute Laune verbreitet auch der Sölling-Chor, dessen Auftritt gleichzeitig auch ein Ständchen zum zehnjährigen Bestehen des BSK-Musik-Projekts wird. Mit Klatschliedern wie „Tumba tumba“ beispielsweise – eine echte Herausforderung! Bewegung, Musik und Stimme werden auf vielfältige Art und Weise kombiniert und bieten so die Möglichkeit, Rhythmus zu entdecken und Koordination spielerisch zu üben. Das demonstrieren die Kinder auch mit ihrem „Becher-Song“.
Dazwischen tritt Russlan mit seiner Gitarre auf und verzaubert seine Zuhörer nicht nur mit den „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“, sondern es wird auch kräftig mitgesungen. Und der achtjährige Solist spielt als Zugabe einen Walzer. Dann lassen Kinder und Senioren in einem vereinten Chor die Vögel zwitschern: „Alle Vögel sind schon da“ und „Der Kuckuck und der Esel“ erklingt mit vielen hellen und dunklen Stimmen. „Ihr macht das ganz toll“, lobt die Profi-Musikerin Suzanne Da Costa-Kunz die eifrigen Sänger, die sie bei einigen Liedern auf ihrer Geige begleitet hat.
Heimleiterin Angelika Frey fügt hinzu: „Das war super-spitze!“ Und hat für die Schüler eine Überraschung: für jeden ein leckeres Eis! Die aber geben zuvor einen furiosen Abschied mit „Bim bam bidi bidi bam“. Ein Lied, das mit dem Körper als Instrument gesungen wird. Jede Silbe hat eine andere Kombination aus Bewegung und Klang: bim = Händeklatschen, bam = Fingerschnippen, bidi = auf die Knie klopfen. Und was ganz langsam beginnt endet im 100-Meter-Sprinttempo!
Furios ist auch der Applaus. Und Schüler und Senioren bleibt noch lange in Erinnerung, wie an diesem Vormittag der Frühling in der Seniorenresidenz Kinzigallee die blauen Tücher durch die Lüfte flattern lässt.