Am Montag machte Johannes Vogel, stellvertretender Bundesvorsitzender der Freien Demokraten, auf seiner Wahlkampf-Tour Station in Kehl. Auf Einladung der FDP Ortenau stellte er sich im Café Backhaus Dreher den Fragen der Gäste. Zuvor hatte ihn Auenheims Ortsvorsteherin Sanja Tömmes am Straßburger Flughafen abgeholt. Anschließend ging es mit der Tram über den Rhein. Auf der Fahrt führten die Parteimitglieder Darya Romanenko und Roland Giebenrath ein Interview mit Vogel und dem FDP Bundestagabgeordneten Martin Gassner-Herz.

Tram-Interview

Eines der Themen: Die Migrationspolitik. Man sei es gewöhnt, so Giebenrath, dass an der Grenze zu Frankreich nicht kontrolliert werde. Allerdings werde zunehmend nach Grenzkontrollen verlangt, was besonders Pendler beeinträchtigen würde. Wie steht die FDP zu diesen Forderungen? Vogels Antwort: Grenzkontrollen nur so lange wie nötig und so kurz wie möglich – ohne Schlagbäume aufzustellen. "Wir leben hier in der Ortenau über die Grenze hinweg", ergänzte Gassner-Herz. "Dieses Lebensgefühl wollen wir uns nicht einschränken lassen, also: keine Schlagbäume, aber trotzdem eine gute Sicherheit."

Darya Romanenko, eine Ukrainerin, stellte die Frage zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse. "Wie kann der Zugang von Fachkräften gesichert und die Anerkennung gewährleistet werden?" Vogel erklärte, dass es ein großes Problem in dieser Richtung gebe und dass eine einheitliche Stelle zur Anerkennung von Abschlüssen nötig sei. Bisher sei dies je nach Berufsgruppe getrennt geregelt.

15 Minuten

Die etwa 15-minütige Tramfahrt führte die Gruppe schließlich bis vor das Kehler Rathaus, wo sie auf Mitglieder der FDP Ortenau und Besucher trafen. Zu einem "Speed-Dating" ging es anschließend ins Café Backhaus Dreher, wo bei Kaffee und Zopf über die aktuelle politische Lage diskutiert wurde.

An der Diskussionsrunde nahmen neben FDP-Vertretern auch Thomas Dreher und sein Sohn Benjamin, Geschäftsführer des Café Backhaus Dreher, teil. Besonders Benjamin Dreher betonte die wirtschaftlichen Herausforderungen in Deutschland im Vergleich zu Frankreich – vor allem in der Gastronomie. Die Familie Dreher betreibt seit 12 Jahren auch Backstuben auf der französischen Seite in Straßburg. Er hob hervor, dass steigende Löhne notwendig seien, um mit der Industrie mitzuhalten. Thomas Dreher beklagte die steigende Belastung durch hohe Energiepreise in Deutschland im Vergleich zu Frankreich. Eine mögliche Lösung zur Stabilisierung der Stromkosten sah Vogel in der Nutzung von Atomkraftwerken, da diese eine konstante Stromproduktion bieten und Schwankungen durch erneuerbare Energien ausgleichen könnten.

Ein weiteres Thema war die Wettbewerbsfähigkeit in der Landwirtschaft. Stadtrat Horst Körkel, selbst Landwirt, hob die Wettbewerbsbedingungen zwischen deutschen und ausländischen Produzenten hervor. So gebe es etwa bei Rind- und Schweinefleisch Unterschiede bei den Anforderungen und Kontrollen. Er betonte, dass die Landwirtschaft bereit sei, neue Wege zu gehen – aber nur unter gleichen Voraussetzungen.

Vogel äußerte seine Unzufriedenheit mit der politischen Lage und der langsamen Gesetzgebung. Erst kürzlich habe man sich über ein Wachstumspaket verständigt und beschlossen, Lieferketten-Vorgaben abzuschaffen. Doch trotz der Aussicht auf Veränderung läge auch nach Wochen noch immer kein Gesetzentwurf vor – weder vom Wirtschafts- noch vom Arbeitsministerium. Für ihn sei es unverständlich und frustrierend, dass die EU-Kommission immer mehr bürokratische Hürden schaffe. Er warf der politischen Führung in Deutschland vor, nicht genug Einfluss auf die Gesetzgebung zu nehmen.