Kunstprojekt: Uraufführung klingt durchs Kirnbach-Tal
Ein ungewöhnliches Projekt startete »im Windschatten« der Sommeruni in Kirnbach: Die Welturaufführung von »Kirnbach Hocket«, eines Werks des New Yorker Komponisten Bill Dietz, das die Theaterwissenschaftler Melanie Mohren und Bernhard Herbold unter der Leitung des Performancekünstlers Armin Wieser am Samstag mit 25 Kirnbachern im alten Kirnbacher Rathaus einstudierten und dann aufführten.
»Die öffentliche Probe« nennt sich das Ganze, und es ist ein Teil einer Serie von Performances, die an verschiedenen Orten stattfinden: Im Rathaus von Kirnbach, bei den Donaueschinger Musiktagen und im Stuttgarter Theater »Rampe«. »Eine ganz neue Form von Kunst im ländlichen Raum erfährt hier ihre öffentliche Probe aufs Exempel«, erklärte Mohren. »Und es wird mit einer vorübergehenden Institution dem Leerstand eines Gebäudes künstlerisch begegnet.«
Jeder der neun Räume im Rathaus erhält einen eigenen Ton
Neun Räume hat das alte Rathaus – und auf jeden dieser Räume ist in Bill Dietz’ Komposition ein spezifischer Ton zugeschnitten. Nach einer ausgeklügelten Partitur, mithilfe von auf genau diesen Ton gestimmten Mini-Sound-Stationen und Stoppuhren für den präzisen Einsatz dieses Tons, »beschallten« neun Gruppen von Kirnbachern nach einem genauen Zeitplan in bestimmten Abständen und Längen, mal abwechselnd, mal gemeinsam, diese neun Räume. Ergebnis: Ein faszinierend in einer Art stereophoner Neuntonmusik klingendes Gebäude.
Nach zwei Durchgängen im Rathaus wagen sich die Gruppen nach draußen
Einer Probe folgten ein »ernsthafter Durchgang« und der zweite Teil der Performance: Der Raumklang wurde auf die Straße übertragen. Wie auf einer Perlenkette reihten sich die Gruppen zu beiden Seiten des Tals hoch auf – in genau den Räumen entsprechenden Entfernungen. Dort ließen sie ihren jeweiligen Ton über das Tal erklingen, zu einem faszinierenden Klanggebilde.
»Danke für die historische Uraufführung«, sagte Wieser. Er werde nach New York telefonieren und dem Komponisten mitteilen, welch wunderbare Uraufführung das gewesen sei. »Vielleicht werden wir noch alle in die ›Met‹ eingeladen«, scherzte er.
Künstlerische Möglichkeiten zur Nutzung des alten Gebäudes
Gestern fanden unter Wieser die konstituierenden Gespräche eines zum Teil fiktiven, zum Teil realen Beirats aus der ganzen Welt statt, der passende Grußworte zur Einrichtung dieser Institution im alten Rathaus sprach. »Diese fiktive Institution wäre eine der künstlerischen Möglichkeiten, wie das Gebäude genutzt werden könnte«, erklärte Melanie Mohren.
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