500 Flüchtlinge ins Hotel "Bel Air" eingezogen
Homs, Aleppo, Hama! Der Krieg in Syrien, die Angst und das Leid vieler Menschen kamen ganz nahe, als am Samstag die ersten Busse am früheren Hotel »Bel Air« hielten. Gleichzeitig teilten die Behörden mit, dass bereits zum Auftakt 500 statt der zunächst geplanten 300 Flüchtlinge hier untergebracht würden.
Kinder, Frauen und Männer, überwiegend aus Syrien stiegen müde, aber voller Hoffnung aus den Bussen und in die sehr kurzfristig eingerichteten »Bedarfsorientierte Erstaufnahmeeinrichtung« (BEA). Frauen hatten Kinder an der Hand und gingen schweigend den Weg hinauf ins »Bel Air«. Väter trugen Taschen und Tüten mit wenigen Habseligkeiten. Kinder schauten umher und lächelten. Junge Leute in lockerer Sommerkleidung winkten freundlich und alle hatten fürs erste überhaupt keine Ahnung, wo sie sich befinden. Da tat das herzliche Willkommen der vielen Helfer richtig gut. Mitglieder vom Rettungsdienst nahmen noch in den Bussen eine erste medizinische »Sichtung« vor. DRK-Helfer begleiteten die Flüchtlinge in ihr neues Zuhause, trugen das Gepäck, kümmerten sich mit einem »Can I help you« liebevoll um »Erste Hilfe« nach einer langen Fahrt von Ellwangen nach Sasbachwalden. Ein freundliches »Hello« und »Thank you« der neuen Mitbürger ließ nicht lange auf sich warten und das freute die Helfer, die alles taten, damit der Start gelang.
»Ab 8 Uhr einsatzbereit«
Nach den intensiven Vorbereitungen des Krisenstabs mussten die Helfer von Rettungsdienst, DRK, Feuerwehr, THW und Polizei am Samstag lange warten, bis der erste Bus mit Flüchtlingen hoch über Sasbachwalden eintraf. »Wir waren ab 8 Uhr einsatzbereit«, meinte der Einsatzleiter des Krisenstabs, Reinhard Kirr, der mit allen Verantwortlichen der Einsatzkräften, Ämter und Behörden sowie über 150 Helfern und dem Security-Dienst seit Mittwoch alles getan hat, damit die Zuweisung der Flüchtlinge ohne Probleme und vor allem menschlich von statten geht.
Beim Blick in die müden Gesichter der Menschen auf der Flucht und auf deren äußert bescheidenes »Reisegepäck« in Tüten und Plastiksäcken konnte man etwas erahnen, was sie in den vergangenen Wochen und Monaten an Leib und Seele mitmachen wussten und wie Krieg und Terror sie aus teils völlig zerstörten Städten wie Aleppo heraustrieb.
»Die Menschen sehen alle so müde und traurig aus, ich kann gut mit ihnen mitfühlen«, meinte Wasim, der am 21. Januar 2014 als einer der ersten syrischen Flüchtlinge nach Sasbach kam und sich als Dolmetscher zur Verfügung stellte. Es dauerte nicht lange, bis er nach der offiziellen Begrüßung im großen Speisesaal durch den Betriebsleiter Servet Gürbüz und Ansgar Fehrenbacher vom Regierungspräsidium von Menschen aus seinem Heimatland umringt war, die Schriftstücke in ihren Händen hielten, keinen Kontakt zu ihrer Familie hatten oder ganz einfach wissen wollten, wie es für sie weiter geht. Junge Männer suchten seine Nähe und stellten kurz nach der Begrüßung eine Liste zusammen, wer das Angebot von Servet Gürbüz für eine kleinere, bezahlte Arbeit annehmen möchte.
Über die Balkan-Route
Die Liste war schnell voll und eine Frage nach der anderen musste Wasim beantworten, der wie andere Dolmetscher eine sehr große Hilfe war. Über die »Balkan-Route« waren die jungen Männer nach Deutschland gelangt. Ihre Familien sind noch in Syrien und alle betonten, dass »Germany« ihre Zukunft ist. Ein Mann berichtete, dass er über sechs Stunden im Meer um sein Leben schwamm, ein anderer, dass er seine Familie seit drei Jahren nicht gesehen habe und einer wollte unbedingt wissen, wo er endlich seinen Asylantrag stellen könne.
"Die Ereignise überschlagen sich"
»Das Regierungspräsidium Freiburg muss wegen der sich dramatisch entwickelnden Situation in Ungarn über das Wochenende mehr Flüchtlinge unterbringen als erwartet.« Das teilte die Behörde am frühen Samstagnachmittag mit. Für Sasbachwalden bedeute das, dass statt der ursprünglich geplanten 300 nun 500 Flüchtlinge aufgenommen würden. Diese Zahl dürfte bereits bis zum gestrigen Sonntagabend erreicht worden sein.
»Die Ereignisse überschlagen sich. Unsere Reaktionszeiten haben sich auf wenige Stunden verkürzt, weswegen wir um Verständnis bitten, dass wir nicht mehr in der Lage sind, jede Aufnahme der Flüchtlinge mit Vorlauf zu kommunizieren. Wir sind sehr froh, dass es durch die Kooperation vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie externer Unterstützung gelungen ist, den Menschen kurzfristig ein Dach über dem Kopf zu bieten. Wir bitten die betroffenen Kommunen und Anwohner angesichts der schwierigen Situation um Verständnis«, so Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer.