Oberkirch

191 Jahre im Dienst der Nächstenliebe

Hermann Josef Mülle
Lesezeit 5 Minuten
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11. Juli 2015
Die drei Ziegler-Schwestern vor ihrem Elternhaus in Wolfhag: von links Schwester Irmtraud (84), Schwester Barbara (85) und Schwester Servatia (86).

(Bild 1/2) Die drei Ziegler-Schwestern vor ihrem Elternhaus in Wolfhag: von links Schwester Irmtraud (84), Schwester Barbara (85) und Schwester Servatia (86). ©Hermann Josef Müller

Außergewöhnliches Familientreffen: Im Oberkircher Ortsteil Wolfhag sind die Ziegler-Schwestern auf Heimaturlaub im elterlichen Hof. Sie haben sich viel zu erzählen.

Die Freude, Ferien in der Heimat verbringen zu können, ist für die drei Ordensschwestern besonders groß, weil auch die Schwester von der Missionsstation im fernen Afrika dabei sein kann. Die Ferientage bieten nicht nur die verdiente Ruhe und Erholung, sondern werden auch manche liebe Erinnerung an Kindertage und Jugendzeit wachrufen. Die Schwestern Servatia (86), Barbara (85) und Irmtraud (84) wohnen im Nebenhaus des geschichtsträchtigen Winzerhofes  der Familie Ziegler.

Die drei Schwestern wuchsen zusammen mit acht weiteren Geschwistern in Wolfhag auf und mussten – wie das zur damaligen Zeit üblich war – früh in der elterlichen Landwirtschaft  mithelfen und Aufgaben übernehmen.  Sich nützlich machen und mit anpacken, lernten die drei Schwestern gewissermaßen von Kindesbeinen an. Im Elternhaus wurden bleibende Werte vermittelt und eine tiefe Religiosität gelehrt und vorgelebt. Diese frühen Erfahrungen waren prägend und beeinflussten  die Entscheidung, in einer klösterlichen Gemeinschaft den Mitmenschen und Gott dienen zu wollen.

Als erste entschloss sich Anna  Ziegler 1948 ins Gengenbacher Kloster der Franziskanerinnen vom Göttlichen Herzen Jesu einzutreten (Stichwort I). Die Wahl, in welchem der vielfältigen Aufgabengebiete des Klosters sie sich nützlich machen konnte, war schnell getroffen. Mit strahlenden Augen erzählte sie: »Im Elternhaus musste ich auf meine Geschwister aufpassen und mit ihnen lernen. Mir war klar, ich werde etwas mit Kindern machen. Ich liebe Kinder über alles.« So wurde sie an der ordenseigenen »Fachschule für Sozialpädagogik« zur Erzieherin ausgebildet. Ab dem Noviziat trug sie den Ordensnamen M. Servatia.

Als Leiterin war sie 40 Jahre in verschiedenen Orten der Diözese tätig. Bevor sie 1994 altershalber ins Mutterhaus zurückkehrte, war sie noch zwei Jahre im »Haus des Lebens« eine verständnisvolle Hilfe. Ein Altenteil gibt es bei körperlich und geistig rüstigen Schwestern nicht. Mit großem Interesse und viel Fleiß arbeitete sie sich in das Archivwesen  ein. Schwester Servatia betreut inzwischen das Klosterarchiv und führt regelmäßig umfangreiche Korrespondenzen. Der Einsatz moderner Bürokommunikation gehört zur täglichen Praxis.

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1954 folgte Barbara dem Vorbild ihrer älteren Schwester und trat in den Orden der »Missionsschwestern Unserer Lieben Frau von Afrika« ein. (Stichwort II). Schwester Barbara, so ist auch ihr Ordensnamen, wurde einer Missionsstation im nordafrikanischen Algerien zugeteilt. Jetzt galt es neben der französischen Sprache auch die Landessprache  zu erlernen.  Zunächst wurde sie an einer Schule eingesetzt, die junge Frauen in zeitgemäßer Hauswirtschaft unterrichtete.  Schließlich wurde sie als Verwaltungsfachkraft ausgebildet. Als Buchhalterin wurden ihr 40 Schwesternstationen in Algerien anvertraut. 1985 kehrte sie für 14 Jahre nach Deutschland zurück, um in der Verwaltung der deutschen Provinz in Trier zu arbeiten. 1999 ging sie wieder nach Algier. Sie war nun für die Verwaltung  der Ordensangelegenheiten  in den Ländern Algerien, Tunesien und Mauretanien verantwortlich, zuletzt für alle Häuser in 15 Ländern Afrikas. 

Die vom Orden unterhaltenen Schulen und Krankenhäuser wurden vom algerischen Staat enteignet und in eigener Regie weitergeführt. In der algerischen Verfassung  ist zwar die Religionsfreiheit verankert, trotzdem  galt künftig für christliche Missionare und Missionsschwestern  Zurückhaltung und diskretes Arbeiten. Schwester Barbara sagt dennoch: »Unsere Arbeit wird geschätzt, die Menschen sind sehr freundlich und hilfsbereit. Ich kann nur von guten Erfahrungen berichten. Die einfachen Menschen lehnen jegliche Gewalt ab.« Sie betont allerdings: »Für ein ungestörtes Zusammenleben ist heute der Dialog zwischen den Religionen, ganz speziell mit dem Islam,  besonders wichtig.«

Am Ende dieses Jahres wird Schwester Barbara nach fast 50 Jahren harter Arbeit in der algerischen Mission aus Altersgründen in das Mutterhaus  zurückkehren, um dort ihren Lebensabend zu verbringen.

Franziska, die jüngste der drei Ziegler-Schwestern, trat 1952 auch in das Gengenbacher Koster ein. Nach der Ausbildung als Krankenschwester legte sie 1955 das ewige Gelübde ab und trägt nun den Namen Irmtraud. Sie arbeitete zunächst 15 Jahre als OP-Schwester am Krankenhaus in Gengenbach. Anschließend war ihr Wissen als OP-Schwester 24 Jahre an der St.-Josefs-Klinik gefordert. Danach wurde die vielseitig begabte und interessierte Schwester weitere 22 Jahre im Funktionsbereich der Inneren Klinik eingesetzt. Am 17. Juni wurden die letzten Ordensschwestern von der St.-Josefs-Klinik, die inzwischen an den Landkreis verkauft wurde, abgerufen. An diesem Tag konnte Schwester Irmtraud genau auf 46 Jahre Tätigkeit im Josefs-Krankenhaus  zurückblicken. Neben ihrer aufreibenden Tätigkeit als Krankenschwester war sie als begabte Künstlerin tätig. Sie gestaltete mit großer Hingabe und Können sehr ansprechende Weihnachtskarten, Danke- und Glückwunschkarten, die zum Kauf angeboten wurden. Schwester Irmtraud hatte für ihre Unikate treue Abnehmer, denn alle wussten, dass  der Erlös dieser Kartenproduktion über das Mutterhaus in Trier regelmäßig ihrer leiblichen Schwester, der Missionsschwester Barbara, für ihren karitativen Dienst in Afrika zur Verfügung gestellt wurde.

Neben der Grußkarten-Gestaltung kümmerte sich Schwester Irmtraud um den üppigen Blumenschmuck in der Krankenhauskapelle und in den Fluren des ganzen Hauses: »Wenn andere in ihrer spärlichen Freizeit mal ein Buch lasen oder auch einen Fernsehfilm anschauten, habe ich halt gebastelt und mein Hobby gepflegt.«

Die drei Ziegler-Schwestern machen von ihrer Lebensleistung keinerlei Aufhebens. Alle drei, jede an ihrem Platz, haben Großartiges für ihre Mitmenschen geleistet. Alle wurden in ihrem Orden für 60-jähriges klösterliches Leben mit diamantenen Professen geehrt. Zusammen bringen sie es auf 191 Jahre Leben im Orden und damit Dienst am Nächsten.

Stichwort

»Franziskanerinnen vom Göttlichen Herzen Jesu«

Das Gengenbacher Kloster der »Franziskanerinnen vom Göttlichen Herzen Jesu« wurde 1866 von Pfarrer Wilhelm Berger aus Seelbach gegründet. 1886 fand das Mutterhaus seinen endgültigen Sitz in Gengenbach. Die Ordensregeln haben ihre zentrale geistliche Ausrichtung auf den heiligen Franziskus von Assisi (1181– 1226). Soziale Gerechtigkeit und Solidarität mit den Armen, Frieden, Gewaltlosigkeit und Versöhnung, Bewahrung der Schöpfung und ein Leben nach dem Evangelium sind die Grundpfeiler der Kongregation. Ganz in diesem Sinne leben und arbeiten die Gengenbacher Schwestern für ihren franziskanischen Auftrag an mehreren Orten in Deutschland, in der Schweiz, in Chile und Peru. Der Schwerpunkt liegt auf karitativ-sozialem Gebiet. Die Betreuung von Kindern und Jugendlichen in sozialen Brennpunkten, Hospiz und Altenpflege haben einen hohen Stellenwert.
In Gengenbach steht die »Fachschule für Sozialpädagogik« mit angeschlossenem heilpädagogischem Seminar unter der Leitung der Schwestern. Im Mutterhaus können junge Frauen zur Hauswirtschafterin ausgebildet werden. In Oberharmersbach unterhält der Orden das Hospiz »Maria Frieden« und in Rammersweier das „Haus des Lebens“, eine segensreiche Einrichtung für schwangere junge Frauen in Not. Die 1956 eingeweihte »St.-Josefs-Klinik« wurde vor wenigen Jahren an den Ortenaukreis verkauft. In Chile und Peru sind die Schwestern vorwiegend im Schul- und Krankenhauswesen und in der Betreuung Behinderter tätig. Auch der Gengenbacher Orden hat Nachwuchs­probleme und muss sich schweren Herzens von Einrichtungen, die mit viel Liebe und großem Einsatz geführt wurden, trennen.

Stichwort

Afrika-Mission

Ein Jahr nach der Gründung des Missionsordens »Weiße Väter« rief 1868 Erzbischof Kardinal Charles Lavigerie von Algier den Orden der »Missionsschwestern Unserer Lieben Frau von Afrika« ins Leben. Die Nonnen werden auch »Weiße Schwestern« genannt. Dem Orden gehören ca. 800 Frauen aus 30 Nationen an, die in 15 Ländern Afrikas segensreich in Schulen, in sozialen und pastoralen Bereichen und Krankenstationen wirken. In neuester Zeit sind auch helfende Hände bei Betreuung von Straßenkindern, Aidskranken, Flüchtlingen und Migranten notwendig. Das Generalhaus dieses Ordens befindet sich in Rom; das Mutterhaus für Deutschland ist in Trier.

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