Tilmann Krieg: "Visuelle Symphonie" aus Farben und Bildern
Poesie des Lichts: Die Kirche St. Nepomuk in Kehl wird jeden Abend um 19 Uhr zum lebendigen Lichtraum. Am Sonntag war Premiere dieses ungewöhnlichen audio-visuellen Projektes »Metropolis« des Fotografen Tilmann Krieg.
Bilder überlagern sich und überfluten das Deckengewölbe, streichen über die Ecken des Altars, gehen auseinander, sammeln sich wieder – der Kirchenraum atmet, lebt. Unter dem Titel »Metropolis« war am Sonntagabend in der Kehler St. Johannes Nepomuk-Kirche das ambitionierte Kunst-Projekt von Tilmann Krieg erstmals zu sehen. Die audio-visuelle Installation hatte er eigens für das katholische Gotteshaus konzipiert und in Beziehung zum Kirchenraum eingerichtet.
Komposition aus Farben, Bildern, Filmen
Mit seiner außergewöhnlichen »visuellen Symphonie« schaffte es der Kehler Fotograf, den grauen November in einen Monat des Lichts zu verwandeln: Während draußen der Kirchenturm in der Abenddämmerung versank, erlebten die Besucher im großen Kirchenraum für etwa eine Stunde eine Komposition aus Farben, Bildern und Filmen. Derweil Wände und Gewölbe von Fotoaufnahmen in verschiedenen Farbtönen getaucht wurden, zog eine Perkussion-Performance des Karlsruher Künstlers Michael Vierling sowie klassische Musikzitate und andere Soundcollagen die Besucher in ihren Bann.
Die audio-visuelle Inszenierung ließ eine ganz eigene Dynamik entstehen, Krieg löste mit seinen Fotoarrangements die Konturen der Architektur auf und gab dem Betrachter damit Raum für freie Assoziationen und eigene subjektive Interpretationen.
Sinn für Räume
Der Künstler selbst verfolgte das Geschehen von der Empore aus, wo er mithilfe von Rechnern und Beamern das ätherische Kunstwerk dirigierte; dabei bewies Krieg einen ausgeprägten Sinn für Räume und Stimmungen. Mit dem Projekt-Titel »Metropolis« will der Künstler auf den Zusammenklang verschiedener Elemente, auf das sinfonische Zusammenspiel verschiedener Klangkörper hinweisen.
Die visuellen Elemente, die zusammen aufgeführt werden, sind mit Klangpartien unterlegt und verstärken damit den optischen Eindruck. Ganz wie in einem Konzertwerk, hat der Fotograf seine Arbeit in Sätze unterteilt: Chaos, Wüste, Schöpfung, Arbeit, Stolz, Krieg, Spiritualität, Übergang, Reflektion, Gesichter und Ewigkeit. Breiten Raum nehmen Großstadtszenerien und Architektur ein, die »die Verlorenheit des Individuums in den überbordenden Anforderungen urbaner Kreisläufe und globaler Desorientierung unserer Zeit« evozieren sollen, so Krieg.
"Keine Einzelschicksale"
Seine Bilder sind in vielen Kulturen auch außerhalb Europas entstanden: China, Brasilien, Korea, USA, Äthiopien, Australien. Meist sind die Figuren allerdings nur verschwommen, schattenhafte Umrisse. Das ist vom Künstler so intendiert: »Diese flüchtige Erscheinung menschlicher Konturen erzählt keine Einzelschicksale, sondern etwas über das Wesen unserer Existenz an sich«.
Erst im vorletzten Satz »Faces« bricht Krieg mit diesem Prinzip – aus den gesichtslosen Schemen werden erkennbare Charaktere mit individuellem Ausdruck.
Gegen Ende umspült ein blauer Ozean den Raum, lässt alles in einem ätherischen Licht eintauchen, der letzte Satz entfernt sich dann wieder in die Weite des Kosmos – in die Ewigkeit. Die zahlreichen Premiere-Gäste quittierten die kaleidoskopische Bilderflut mit rauschendem Beifall.
Termine
Aufführungen: November täglich 19-20.15 Uhr, außer montags und 14. November.
Finissage: Sonntag, 28. November, 19 Uhr, mit Thomas Strauß (Orgel) und Daniel Schay (Percussion).
Eintritt frei, Spenden willkommen.