Übersetzerpreis für Andreas Ecke und Jacqueline Crevoisier
Andreas Ecke ist der Preisträger des »Europäischen Übersetzerpreises 2016« der Stadt Offenburg: Er übersetzt aus dem Niederländischen und Flämischen ins Deutsche. Der Preis wird zum sechten Mal verliehen, anstatt eines Anerkennungspreises gibt es in diesem Jahr einen »Entdeckerpreis«.
Die Zeit drängt, die Niederlande ist zu Gast bei der Frankfurter Buchmesse, und bei Andreas Ecke liegt der Schreibtisch voll: Dennoch kam der Übersetzer gestern nach Offenburg, um sich kurz bekannt zu machen – schließlich ist er der Preisträger des 2016 zum sechsten Mal vergebenen »Europäischen Übersetzerpreises«.
Ecke, 1957 in Wuppertal geboren, ist ein Spätberufener. Erst seit 2001 übersetzt er niederländische und flämische Autoren, seinen ersten Auftrag kam über einen Bekannten. Dann kam ein Auftrag, von dem er zwei Jahre leben konnte, dazu kleinere Sachen. »Und dann fragen die Verlage bei einem an«, beschreibt er seinen nächsten Karriereschritt.
Ein »Segen«
Einen »Segen« nannte der Preisträger die Auszeichnung, von der er zuvor immerhin schon gehört hatte. Dotiert ist sie mit 15 000 Euro. Allerdings ist die Auftragslage momentan auch nicht ganz schlecht. »Wir sind besser gestellt als die Übersetzer aus dem Englischen, die Seitenpreise angeboten bekommen, mit denen man sich zu uns nicht trauen würde«, berichtete Ecke. Weil im Herbst die Niederlande in Frankfurt zu Gast sind, wollen die Verlage natürlich möglichst viele Werke präsentieren.
Die zeitlichen Spielräume werden extrem eng. »Die Planungen der Verlage sind abenteuerlich«, räumt Ecke ein. Doch auch danach werden er und seine Kollegen – »einige hätten den Preis genauso verdient wie ich« – noch zu tun haben. Denn der Nederlands Letterenfonds sorgt mit finanzieller Power dafür, dass niederländische Werke in viele Sprachen übersetzt werden.
Schönheit der niederländischen Sprache
Der gelernte Buchhändler studierte Germanistik, Niederländische Sprachwissenschaft sowie Musikwissenschaft in Köln und Bonn, wo er nun auch lebt. Durch eine »jugendliche Verliebtheit in Kultur und Land« entdeckte er zu seiner eigenen Überraschung mehr und mehr auch die Schönheit der Sprache. Freilich nicht – und da spricht der Musikwissenschaftler – auf klanglichem Gebiet, das von den Deutschen gerne als »Halsweh« belächelt wird. Ihn fasziniert vielmehr das Bildhafte der Sprache, das sowohl im Gesprochenen wie Geschriebenen zum Tragen kommt. Im Deutschen kenne man dies so oft gar nicht, betonte er.
»Sich der Unterschiede bewusst zu bleiben, ist bei so nahen Sprachen die größte Schwierigkeit«, erklärte Ecke. Man müsse aufpassen, dass man einen Begriff nicht einfach übernimmt, denn er könne eine andere Bedeutung haben, erklärte er. Neben Akribie ist also auch Abstand gut, um die Redewendungen nicht zu vermischen.
Übersetzt hat Andreas Ecke schon Werke von niederländischen Autoren wie Cees Nooteboom, Otto de Kart und Geert Mak, kennen dürfte man auch den Roman »Oben ist es still« von Gerbrand Bakker, den Ecke 2010 übersetzt hat. »Ecke ist ein sehr einfühlsamer und vielseitiger Übersetzer, der, wie der Organist sagen würde, über sehr verschiedene Register verfügt«, sagte Christoph Buchwald.
Niederlande hat EU-Ratsvorsitz
Der Verleger und Herausgeber war Vorsitzender der renommierten Jury und wird beim Festakt (siehe »Zeitplan«) die Laudatio übernehmen. »Übersetzungen bringen andere Kulturen und deren Hintergründe näher«, betonte Oberbürgermeisterin Edith Schreiner. Gerade in der aktuellen Phase sei es wichtig, sich in andere Kulturen einzufinden und für sie offen zu sein. Denn wenn eine Überbrückung bei der Kommunikation fehle, »dann hören wir auf, mit einander zu leben«, zitierte die OB Karl Dedecius. Dass die Niederlande im Vordergrund stehen, begründete sie damit, dass der Staat derzeit den EU-Ratsvorsitz innehabe und die Niederlande Gastland bei der Buchmesse seien.
Carmen Lötsch, Kulturchefin der Stadt Offenburg, berichtete, dass die Stadt erstmals den »Anerkennungspreis« als einen »Entdeckerpreis« (siehe Kasten) vergibt. Wie bisher für den Anerkennungspreis, wurden 5000 Euro ausgelobt. Neben der Jury wurde auch Preisträger Ecke in die Entscheidung mit einbezogen, wer diesen erhalten soll.
Entceckerpreis
Bommel kommt
Der mit 5000 Euro dotierte Preis wird an Jacqueline Crevoisier übergeben: Als »Entdeckerpreis« erhält die gebürtige Schweizerin ihn für ihre Hartnäckigkeit, die berühmten »Ollie B. Bommel«-Geschichten auf eigene Faust zu übersetzen. Die Bildergeschichten von Marten Tonder (1912–2005) sind in den Niederlanden so berühmt, dass Wortschöpfungen daraus in Wörterbuch eingegangen sind.
Begleitprogramm
Bereits am 3. März startet das Begleitprogramm zum Europäischen Übersetzerpreis. Das genaue Programm mit Übersetzern und deutsch-niederländischen Veranstaltungen wird nach der Fasent bekanntgegeben.
Am Samstag, 23. April, 20 Uhr, stellt sich der Preisträger im Offenburger Salmen beim Literatur-und-mehr-Abend im Salmen vor. Der Eintritt ist frei.
Die offizielle Preisverleihung mit Übergabe der Preise und Laudatio findet dann am Sonntag, 24. April, im Rahmen eines Festaktes im Salmen statt.