Alte Kirche Fautenbach: Konzert auf dem Tangentenflügel

Ein ungewöhnliches Musikfest

Albrecht Zimmermann
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18. November 2014

Christine Schornsheim spielte auf dem selten zu hörenden Tangentenflügel. ©Peter Heck

Ein heute besonders rares Instrument der Kammermusik bildete den Mittelpunkt des Konzertes in der Alten Kirche Fautenbach: Ein historischer Tangentenflügel, auf dem mit großem Erfolg Christine Schornsheim Rondos und Fantasien von Carl Philipp Emanuel Bach spielte.

Achern-Fautenbach. Was ist ein Tangentenflügel? Statt langer Erklärungen seiner Mechanik sei hier vom Klang die  Rede, von den Eindrücken, die das an den modernen Konzertflügel gewöhnte Ohr vernahm, als am Sonntag die Tastenvirtuosin und Münchner Hochschulprofessorin Christine Schornsheim das seltene Instrument bespielte: Als würde vom immer etwas wattigen Klavierklang ein Schleier weggezogen, so plastisch und durchsichtig klar tönten die angeschlagenen Saiten des Tangentenflügels. Dank der verschiedenen Register wechselten die Eindrücke vom leisen Clavichord zum Cembalo oder zum Hammerklavier, das die Abonnenten vor zwei Jahren hier schätzen gelernt hatten. Und auch wenn sich Klangmischungen ergaben, das hohe Zirpen und eine Art von sonorem Harfenrauschen, war in der feinhörigen Akustik der Alten Kirche doch immer das Erleben makelloser Transparenz im Vordergrund.

Die Einführung durch Lotte Thaler (SWR) und Christoph Kern, der den Transport aus der historischen Instrumentensammlung Bad Krozingen betreute, wurde ergänzt durch Worte der Solistin zur Eigenart des Bach-Sohnes Philipp Emanuel. Damit half sie den Zuhörern, die kompositorische Verwegenheit  dieses Tonschöpfers zu begreifen, der zu seiner Zeit mindestens ebenso erfolgreich war wie das Zentralgestirn der Familie, Johann Sebastian.

Kreativität und Effekte
Mit drei »Fantasien« (F-,Es-, C-Dur) und sieben Rondos bot die Künstlerin eine erstaunliche Vergegenwärtigung von Stileigenschaften, die die Zeitgenossen an Philipp Emanuel gerühmt hatten: keine gefällige Tafelmusik, sondern ungewöhnliche Kreativität mit Überraschungseffekten harmonischer und rhythmischer Art. Da konnte ein sanglich-wiegendes Rondo schon nach wenigen Takten, wie abgebrochen, in kurzatmige Einfälle und Trugschlüsse einmünden.

Nichts für Laien ist ein hochartifizielles Gebilde wie etwa das Rondo c-Moll von 1784: Die technisch äußerst beschlagene Pianistin gestaltete das komplizierte Nacheinander von zögernder und stürmischer Melodiebildung, arbeitete fremdartige Harmoniefolgen heraus, über die man sich auch noch 1884 gewundert hätte.

Und was hätte wohl der gestrenge väterliche Lehrmeister, der ja auch »Fantasien« schrieb, dazu gesagt? Hätte er die eigenen Kühnheiten auch beim Sohn gutgeheißen? Dessen »Fantasien«, eine »Sprache der Affekte«, artikulierten die Meisterhände von Christine Schornsheim mitunter als souverän aufgelöste Taktordnung, fesselten durch die Verbindung von wundervollem Melodie-fluss mit kaskadenähnlichen Zweiunddreißigstel-Ketten.
So wurde Musik des 18. Jahrhunderts auf dem Originalinstrument zu einem ungewöhnlichen Fest, für das die Zuhörer die Künstlerin und Expertin mit herzlichem Beifall feierten. Mit einer schwungvollen Beethoven-Zugabe zeigte sie, dass sie auf dem Tangentenflügel »auch noch ganz anders kann«.

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